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Archiv-Artikel

Korrekt, populär und vielsprachig

Zum zweiten Mal in seiner Geschichte bekommt Finnland eine weibliche Regierungschefin. Mari Kiviniemi übernimmt am Dienstag offiziell den Posten der Ministerpräsidentin. Am Samstag wurde sie auf dem Parteitag der regierenden Zentrumspartei zur neuen Vorsitzenden und Nachfolgerin von Matti Vanhanen gewählt. Sie beerbt den gegenwärtigen Ministerpräsidenten also auch in diesem Amt.

Die 41-Jährige dürfte sich Hoffnung machen, in diesem Amt etwas länger zu verweilen als Finnlands bislang einzige Ministerpräsidentin. Ihre Parteifreundin Anneli Jäätteenmäki war 2003 nach nur 63 Tagen im Amt über Wahlkampflügen gestolpert. Sie markierte damit die kürzeste Regierungsperiode in Finnland. Ihr war dann Vanhanen gefolgt, der aber wegen peinlicher Frauengeschichten und eines Parteienfinanzierungsskandals, in dem die Staatsanwaltschaft ermittelt, so viel Autorität und Popularität eingebüßt hat, dass er nicht mehr wagte, sich im April 2011 noch einmal den WählerInnen zu stellen, und deshalb vorzeitig zurücktrat.

In der Bevölkerung ist die immer korrekte, zurückhaltende, aber auch etwas farblose bisherige Verwaltungs- und Kommunalministerin die populärste Politikerin der vorwiegend ländlich geprägten Zentrumspartei. Sie gilt nach 15 Jahren im Parlament als politisch erfahren und hat sich in ihren fünf Jahren als Ministerin als entscheidungsfreudig und als kluge Taktikerin erwiesen. Nachdem bereits vier der fünf größeren Parteien im finnischen Parlament Vorsitzende an die Spitze geholt haben, die jünger als 40 Jahre sind, sah offenbar auch das Zentrum die Zeit für einen Generationswechsel gekommen. Wie Umfragen zeigen, hoffen viele FinnInnen, dass die studierte Politikwissenschaftlerin, die Klavier und Flöte spielt und gerne joggt, Finnland im Ausland besser repräsentieren kann als der hölzerne Vanhanen, der nur Finnisch spricht.

Neben Englisch und Schwedisch spricht Kiviniemi nach einem Studienjahr in Deutschland auch recht gut Deutsch. Sie sei durchaus in der Lage, beim nächsten EU-Gipfel mit Angela Merkel auf Deutsch zu scherzen, meint die verheiratete Mutter von zwei Kindern.

REINHARD WOLF