: Miese Noten für Sonder-Sonderschulen
Lehrer-Vertreter sind entsetzt über den Plan von Schulsenator Böger, besonders schwierige Schüler auf besondere Schulen zu schicken. Sie wollten statt weiterer Ausdifferenzierung eigentlich die Hauptschule ganz abschaffen
Viel möchte die Schulverwaltung zum jüngsten Plan von Bildungssenator Klaus Böger (SPD) derzeit noch nicht sagen: Schüler, die „besondere Probleme verursachen“, sollen demnächst auf speziell für sie neu eingerichteten Schulen gesammelt werden, hatte der am Montag verlauten lassen. Man arbeite „mit Hochdruck“ an den Vorbereitungen, sagte ein Sprecher der Schulverwaltung gestern. Experten sollen derzeit die in Frage kommenden Schüler „identifizieren“.
Die Schulverwaltung rechnet mit bis zu 200 Schülern im Alter zwischen 10 und 14 Jahren, heißt es in Agenturmeldungen. Dass bereits zwei Schulen im Gespräch seien, die zu den Spezialschulen umgestaltet werden sollten, wollte der Sprecher des Bildungssenators nicht bestätigen. Auch Fragen nach der rechtlichen Grundlage solcher „Sonder-Sonderschulen“, danach, wie das Lehrerkollegium dort zusammengestellt werden wird oder wann die betroffenen Schüler und ihre Eltern benachrichtigt werden, könnten derzeit noch nicht beantwortet werden, sagte Bögers Sprecher.
Auf Ablehnung stößt der Vorschlag des Schulsenators bereits jetzt: Lehrervertreter schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. „Hauptschule abschaffen“ lautet eine alte Forderung der GEW – nun will der Schulsenator stattdessen eine weitere, neue Schulform einführen. Solche „Aussonderung“ von schwierigen Schülern sei „eine Entwicklung in die komplett falsche Richtung“, sagt Norbert Gundacker von der Fachgruppe Hauptschulen der GEW. Denn gerade solche Schüler bräuchten positive Vorbilder. Und: „Wer soll diese Schüler unterrichten?“, fragt Gundacker. Von den im Durchschnitt knapp 50 Jahre alten Berliner Lehrern könne man kaum erwarten, dass sie sich freiwillig in Klassen stellen, die aus als schwierig und gewalttätig bekannten Schülern bestehen.
Auch im Abgeordnetenhaus stößt Bögers Vorschlag auf parteiübergreifende Ablehnung – sogar in den eigenen Reihen. Nur wenn es gar keine anderen Möglichkeiten mehr gebe, sagt Bögers Parteigenossin Felicitas Tesch, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, könne sie sich eine solche Lösung vorstellen. Ansonsten fordert sie bessere Betreuung von Problemschülern in den vorhandenen Schulen: mehr Lehrer, mehr Sozialarbeiter, mehr Psychologen und eine möglichst individuelle Beschäftigung mit Problemschülern.
Individuelle Lösungen fordern auch die Grüne Sibyll Klotz und die Liberale Mieke Senftleben. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP ist für Vielfalt im Bildungssystem sonst gerne zu haben. Doch „wenn wir die Problemschüler alle zusammen in eine Klasse packen, bringt das gar nichts“, sagt sie. Und selbst die CDU lehnt die Absonderung gewalttätiger Schüler ab.
Wenn solche Spezialschulen funktionieren sollten, dann müsse man dafür „völlig neue Konzepte“ entwickeln, sagt Felicitas Tesch von der SPD – der Bildungssenator hat dafür noch gute acht Wochen Zeit. Denn bereits nach den Sommerferien sollen seine Extra-Sonderschulen öffnen. ALKE WIERTH