: Schweinerei beklagt
Bauern wollen geschmacklose Slogans der CMA nicht mehr zahlen – und ziehen vors Verfassungsgericht
BERLIN taz ■ Das Plakat ist zur Zeit überall in Deutschland zu sehen: Drei Jungs mit Fußball liegen auf dem Rasen und trinken Milch. Darüber steht „Für echte Ballermänner“. Der Centralen Marketing Gesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft (CMA) ist auch zur WM kein Wortspiel zu platt, um für deutsche Agrarprodukte zu werben. Nun droht der Reklametruppe das Aus.
„Wo ist der Mann, der mir was braten kann“, „Kleine Schweinerei gefällig“, „Schneid dir was aus den Lendchen“ – die CMA fällt seit langem durch geschmacklose Anzeigen auf. Für die Slogans muss bisher jeder Bauer zahlen. Jetzt haben drei Landwirte gegen diese Pflichtbeiträge geklagt. Nun wird sich das Bundesverfassungsgericht mit der CMA-Finanzierung auseinander setzen.
Den Aufstand der Bauern hat der Breisgauer Geflügelzüchter Georg Heitlinger zusammen mit zwei Kollegen initiiert. Heitlinger sagt: „Mit der Summe aller CMA-Pflichtbeiträge, die ich bisher einbezahlt habe, könnte ich ein Haus bauen.“ Er muss für jedes Ei, das er verkauft, 0,03 Cents für die Werbung abliefern. Bei 40.000 Legehennen, so rechnet der Landwirt vor, mache das bis zu 3.500 Euro pro Jahr. Die Belastung trifft nicht nur Heitlinger: Alle deutschen Bauern zahlen 0,4 Prozent vom Warenwert ihrer Produkte in einen staatlichen Absatzfonds. Dieser macht drei Viertel des CMA-Jahresbudgets, das 100 Millionen Euro umfasst. Den Rest schießt die EU zu.
Diese Finanzierung sei „verfassungswidrig“, urteilte jetzt das Verwaltungsgericht Köln, das sich als Erstes mit der Klage von Heitlinger und Co. beschäftigt hat (Az. 13 K 2233/05). Die Verwaltungsrichter können das Werbesystem zwar nicht als unwirksam erklären. Sie gaben das Verfahren aber an das Bundesverfassungsgericht ab. Bis der Fall entschieden ist, kann es noch bis zu zwei Jahre dauern. Schließt sich die höchste juristische Instanz dem Kölner Urteil an, muss sich die CMA jedenfalls neue Geldquellen suchen.
Das Problem: Hinter der CMA stecken die Spitzenverbände der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft als Gesellschafter. Sie wurde 1970 gegründet. Den Bauern ging es damals wirtschaftlich gut. Doch drängte immer mehr Obst und Fleisch aus dem Ausland auf den Markt. Also wurden die Landwirte qua Gesetz zu einem „Reklamegroschen“ verpflichtet. Und die CMA warb fortan mit Sätzen wie „Deutsche Pute die Gute“.
Mittlerweile funktioniert die Werbung für Produkte „aus deutschen Landen“ jedoch nicht mehr. Denn „mit der Herkunft als Qualitätsmerkmal“, so entschied der Europäische Gerichtshof bereits im Jahre 2002, „darf im europäischen Binnenmarkt nicht geworben werden“. Mit dieser Vorgabe habe die CMA ihren Zweck verloren, argumentierte Heitlinger erfolgreich vor dem Kölner Gericht. Die Bauern zahlten nur noch für nichts sagende Banalitäten wie „die Milch macht’s“.
Die CMA nimmt den Prozess bislang allerdings gelassen: Er sei reine „Formsache“, sagte CMA-Sprecher Detlef Steiner zur taz. Formsache? Bei Klaus-Peter Uhlenberg vom Kölner Verwaltungsgericht hört sich das ganz anders an: „Wir sind der Meinung, dass der Abgabepflicht europarechtlich jegliche Grundlage entzogen worden ist“. Karlsruhe müsse die Pflichtabgabe für „ungültig“ erklären.
DANIEL BÖHM