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TIM CASPAR BOEHME
Der Jahresanfang ist in Berlin – wie andernorts auch – eine Zeit, in der sich der Kulturbetrieb eine Verschnaufpause genehmigt und größere Sensationen in der Regel ausbleiben, weil auch Künstler irgendwann einfach ihre Produktivkräfte schonen müssen. Eine perfekte Zeit, um tatsächlich einmal so unvermittelt wie möglich auf den „Sound der Stadt“ zu hören, also die vielen Geräusche, die in Berlin auf der Straße zu finden sind, in den Parks und an anderen öffentlichen Orten. Man kann das in Eigenregie tun, sich ein paar Orientierungspunkte überlegen, und dann mit aufgesperrten Ohren der Soundscape Berlins lauschen, vielleicht sogar ein paar Ecken ansteuern, die man sonst für gewöhnlich nicht aufsucht. Oder man man holt sich professionelle Hilfe, die einen auf einen „Blindwalk“ mitnimmt. Diese werden sowohl für Sehende (mit verbundenen Augen) als auch für Sehbehinderte angeboten. Auf diese Weise wird der Hörsinn garantiert stärker gefordert als sonst, weil die Augen ihn nicht ablenken. Samstags kann man sich für zwei Stunden auf eine Tour durch die alte Mitte Berlins begeben, um historische Bauten und Denkmäler einmal neu zu erleben. Weitere Informationen und das aktuelle Pogramm finden sich unter baerentouren.de/blindwalk_berlin.html. (Nur mit Anmeldung, 16 Uhr, 14/12/8 €)
Wer stattdessen lieber Musik im herkömmlichen Sinne erleben möchte, kann das am Freitag im Aufsturz tun. Dort spielt die junge, neunköpfige Formation Der längere Schatten, in der sich Jazz- und Improv-Größen wie der Trompeter Axel Dörner, Posaunist Hilary Jeffery oder der Schlagzeuger Steve Heather versammelt haben, um kollektive Improvisationen mit traditionellen Wurzeln darzubieten und Melodien mit abstrakten Klangflächen zu verbinden. Verspricht ein erfrischendes Konzert mit neuen Ideen zu werden. (Oranienburger Straße 67, 21 Uhr, 9 €)
Am Montag geht es deutlich traditioneller, aber keineswegs weniger spannend zu. In der Philharmonie gibt es dann nämlich ein wunderbar monothematisches Konzert mit dem ungarischen Pianisten András Schiff. Der ausgewiesene Bach-Interpret führt zusammen mit der Staatskapelle Berlin sämtliche sechs Klavierkonzerte des Barockkomponisten auf. Diese Konzerte gehören zu den Höhepunkten der Instrumentalmusik Johann Sebastian Bachs, der mit diesem Zyklus nicht nur für farbige Spannung zwischen Orchester und Soloinstrument sorgte, sondern zugleich eines der langlebigsten Genres der klassischen Musik in den Betrieb einführte. Dasselbe Programm spielen Schiff und die Staatskapelle übrigens noch einmal am Dienstag im Konzerthaus. (Herbert-von-Karajan-Straße 1 (Mo.), Gendarmenmarkt (Di.), 20 Uhr, ab 37 €)