LESERINNENBRIEFE
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Bitter!

■ betr.: „Chodorkowski kann in die Schweiz reisen“, taz v. 31. 12. 13

Wer würde sich nicht mitfreuen, wenn ein Mensch nach zehn Jahren Lagerhaft freikommt, das offenbar weitgehend ungebrochen überstanden hat und in Deutschland mit offenen Armen – Adlon-Hotel inklusive – empfangen wird? Die Schweiz lässt den Mann nach ein paar Tagen Abwarten zur Familie und seinen auf Schweizer Konten verwahrten Millionen. Wer wird da kleinlich nach der Herkunft der Millionen fragen?

Es ist noch kein Jahr her, dass sich der russische Regimegegner Alexander Dolmatow in einem Abschiebegefängnis (terugkeercentrum) in Rotterdam das Leben genommen hat. Die taz hat im Januar ausführlich berichtet. Sein Asylantrag war noch nicht rechtskräftig abgelehnt, aber man hatte ihn schon mal eingesperrt. Er wollte sein Wissen aus seiner Arbeit in der russischen Rüstungsindustrie nicht den niederländischen Behörden preisgeben. Mit ein paar Millionen aus Rüstungsgeschäften im Flüchtlingsgepäck würde er wohl noch leben. Bitter! UDO GRÖNHEIT, Berlin

Na prima. Weiterschlafen!

■ betr.: „Demokratie auf Erfolgskurs“, taz vom 28. 12. 13

Mit diesem seltsamen Schlaflied an die Linken wollte sich Paul Nolte wohl bei Muttis GroKo als Regierungssprecher bewerben? Ihr Linken, so tönt er, seid doch „auf Erfolgskurs“, die „Sieger der Geschichte mit euren alternativen Bewegungen, Bürgerinitiativen und NGOs“, die ihr zugleich den bisherigen Rahmen der bloß nationalstaatlichen Demokratie nicht mehr akzeptieren wolltet! Hört doch endlich auf mit euren „pseudolinken kulturkritischen Verfallstheorien“, ihr seid doch – schlaft-Kinderlein-schlaft! – sogar international auf Erfolgskurs! Wow!

So muss man wohl zwei Monate vor dem Ende jeglicher Nationalpolitik und der Machtübernahme durch das internationale Kapital die Linke in den Schlaf wiegen. Die vorbereitenden Verhandlungen zum transatlantischen Freihandel sind ja geheim, und wenn sie nicht, wie damals beim MAI, vorzeitig bekannt werden, dann ist es zu spät, wenn wir davon erfahren und dagegen auf die Straße gehen.

Untertitel in der taz: „Viele Bürger sehen ihre demokratischen Rechte schwinden. Das Gegenteil ist der Fall.“ Na prima. Weiterschlafen! MIKE WILKENS, Kassel

Regierung schafft Distanz

■ betr.: „Weniger Demokratie wagen“, taz vom 30. 12. 13

Jede Verlängerung der Wahlperiode entfernt die Regierenden ein Stück mehr vom Volk.

In fast allen gemeinnützigen Vereinen, also dort, wo die Bürger selbst zu bestimmen haben, wird der Vorstand nach maximal zwei Jahren neu gewählt. Das hat seinen Sinn, denn damit kann sehr schnell auf Misswirtschaft reagiert werden.

Ausgerechnet in unserer schnelllebigen Zeit sind die Regierenden jeweils viel zu lange einer Korrektur durch das Volk entzogen. Vielleicht hätten wir eine bessere Politik, wenn Parlaments- und Kommunalwahlen alle zwei Jahre stattfinden würden. Wahlkämpfe in Form von Materialschlachten wären entbehrlich, weil Regierung und Opposition viel besser und direkt anhand ihrer aktuellen Taten gemessen werden könnten. Die Wähler könnten sehr schnell auf nicht eingehaltene Wahlversprechen reagieren.

ALFRED MAYER, München

Nein!

■ betr.: „Das riskante Engagement“, taz vom 27. 12. 13

In Brasilien werden über die Hälfte der weltweiten Verbrechen an Umweltschützern begangen. In Zahlen: Von 2001 bis 2011 wurden mindestens 356 Umweltschützer umgebracht. Dazu kommen die Mordanschläge gegen Landlose, widerrechtliche Landaneignungen durch Agrarkonzerne, die Aussetzung eines Kopfgeldes von 400.000 Euro auf Bischof Erwin Kräutler, der sich für Arme und Umweltschutz einsetzt; und schlechte Arbeitsbedingungen der Arbeiter, die die Sportstätten bauen.

Daraus folgt: Nein zur Fußball-WM 2014! Nein zu den Olympischen Spielen 2016! ARTUR BORST, Tübingen

Grün-Schwarz mit der CSU?

■ betr.: „Hallo Rumänien …“, „CSU holzt gegen Betrüger“, taz vom 30.12. 13

Die CSU verbreitet hier Gedankengut, das sich nur graduell von den Positionen der rechtsradikalen Parteien unterscheidet. Mit dem Trick, gezielt Ängste zu schüren, nehmen sie bewusst in Kauf, dass dadurch nicht nur die eigene Partei, sondern eben auch die NPD Stimmen gewinnt. Und genau hier sollte der Grund liegen, weswegen sich schwarz-grüne Koalitionsüberlegungen im Bund und in Bayern auf absehbare Zeit hinaus verbieten.

Besonders in den Wochen nach der Bundestagswahl war das Herbeischreiben von Schwarz-Grün eine Lieblingsbeschäftigung deutscher JournalistInnen, auch der taz. Aber „Schwarz“ meint eben immer auch CSU.

Sollen es sich die Grünen tatsächlich offen halten, mit der CSU zu koalieren? Also mit einer Partei, die sich mit ihren Ideen und Forderungen immer wieder bedenkenlos fremdenfeindlicher Ressentiments bedient, wenn es für die Stimmung an den Stammtischen nützlich erscheint? ROB BAUER, Oberkrämer-Vehlefanz