Feinstaub soll weiterstauben

Umweltausschuss des EU-Parlaments will Grenzwerte für gefährliche Partikel lockern

BERLIN taz ■ Bei den deutschen Umweltverbänden konnte man es kaum fassen: Bislang war der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments in der Feinstaubpolitik stets strenger als Ministerrat und EU-Kommission. In seiner Sitzung diese Woche verabschiedete er sich jedoch von dieser Haltung – mit der Mehrheit von Christ-, Sozial- und Freien Demokraten. In einem Bericht zur Revision der EU-Feinstaubrichtlinie fordert er nun „mehr Flexibilität“ und empfiehlt, die Standards zu lockern.

„Ich bin erschüttert über dieses Ergebnis“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, der taz. Der Berichterstatter des Ausschusses, Holger Krahmer (FDP), sprach dagegen von einem „guten, sinnvollen Kompromiss“. Statt wie bisher an 35 Tagen sollen die EU-Grenzwerte für die Partikel künftig an 55 Tagen im Jahr überschritten werden dürfen. Kommunen, die es trotz Aktionsplänen nicht schaffen, die Richtlinie einzuhalten, sollen statt 5 nun bis zu 10 Jahre Aufschub bekommen. Einzige Bedingung: Sie müssen erklären, dass sie es mit „angemessenen Maßnahmen“ versucht hatten.

„Das ist ein Blankoscheck“, sagt Kerstin Meyer vom Europäischen Umweltbüro. Die Pläne seien dazu da zu zeigen, wie man die Grenzwerte einhalten wolle. „Nun sollen sie zum Beweis herhalten, dass die Grenzwerte nicht einhaltbar sind.“

Anlass des Berichts war die für 2007 anvisierte Weiterentwicklung der EU-Richtlinie, die seit 2005 gilt. Sie legt fest, dass die Feinstaubkonzentration im Jahresmittel nicht über 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft steigen darf. Das Tagesmittel darf zudem höchstens an 35 Tagen im Jahr über 50 Mikrogramm liegen. Bislang werden dabei alle Staubpartikel zusammen erfasst, die kleiner als 10 Mikrometer sind. Wissenschaftler sprechen von den „PM10“.

Etwa zwei Drittel der Teilchen sind jedoch auch kleiner als 2,5 Mikrometer (PM2,5) – und besonders gefährlich. Sie können tiefer in die Luftwege eindringen als PM 10. So schädigen sie das Atem- sowie das Herz-Kreislauf-System vermutlich noch nachhaltiger. Ursprünglich sollten mit der revidierten Richtlinie deswegen extra Grenzwerte für PM 2,5 aufgestellt werden, wie sie in den USA seit Jahren gelten.

Der Umweltausschuss schlägt nun zwar für PM10 einen leicht verschärften Jahresgrenzwert vor: Er soll ab dem Jahr 2010 bei 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen. Für PM 2,5 beschränkt er sich aber auf die Absichtsbekundung, einen Höchstwert einzuführen. BEATE WILLMS