Brasilianer blockieren Bayer

GENTECHNIK Konzern zieht seinen Antrag auf Zulassung des Genreises „Liberty Link“ vorläufig zurück und reagiert auf die Skepsis von Südbrasiliens Bauern. Das Unternehmen will es aber weiter versuchen

Die Reisbauern im Bundesstaat Rio Grande do Sul fürchten vor allem um ihre Exporte

PORTO ALEGRE taz | Die Zulassung des Bayer-Genreises „Liberty Link 62“ für den kommerziellen Anbau in Brasilien schien nur noch eine Formsache zu sein. Doch letzte Woche machte der Chemiemulti überraschend einen Rückzieher. „Dieser proaktive Ansatz“ ergebe sich aus der „Notwendigkeit, den Dialog mit den Hauptbeteiligten der Reis-Produktionslinie in Brasilien zu erweitern“, erklärte Bayer Crop Science in São Paulo.

Es handelt sich allerdings nur um einen taktischen Rückzug – Bayer strebt die Zulassung des Genreises bereits seit 2003 an. Durch Lobbyarbeit soll nach wie vor dafür gesorgt werden, dass „die Liberty-Link-Technologie für Reis auf den Markt gebracht werden kann“, wie es in der Erklärung heißt. Durch Genmanipulation ist die Reissorte gegen das Herbizid Glufosinat resistent, das Bayer unter dem Namen Liberty zusammen mit dem Saatgut vertreiben möchte.

Voraussetzung sei jedoch die Unterstützung durch die Produzenten und die „breite Akzeptanz des Marktes“. Selbst die traditionell gentechfreundlichen Großfarmer aus dem südlichen Bundesstaat Rio Grande do Sul, wo rund 60 Prozent der brasilianischen Gesamtproduktion angebaut werden, halten sich bedeckt. Sie fürchten vor allem um ihre Exporte – im letzten Jahr führte Brasilien eine Million Tonnen aus. Wegen des fehlenden Marktes sei man „derzeit“ gegen die Zulassung, sagte ein Verbandssprecher auf der öffentlichen Anhörung im März 2009.

Die Wissenschaftler der staatlichen Agrarforschungsbehörde Embrapa befürchten die Kontaminierung konventioneller und wilder Reissorten durch die Bayer-Sorte. Embrapa hat allerdings keine grundsätzlichen Einwände gegen Gentech in der Landwirtschaft: Unter dem Protest von Kleinbauern-, Umwelt- und Verbraucherverbänden wurden entsprechende Soja-, Mais- und Baumwollsorten in Brasilien seit 2003 zugelassen. Gensoja macht bereits 85 Prozent der Gesamtproduktion aus, der Einsatz vor Pflanzengiften nimmt rapide zu.

Larissa Packer von der Organisation Terra de Direitos freute sich über den Rückzug Bayers als „Niederlage“ für den Multi und als „Zeitgewinn“ für die Gentechgegner, die ihren Druck auf die Regierung verstärken wollen. Beim Thema Genreis bekommen sie Argumentationshilfe aus den USA: Dort verlor Bayer im letzten halben Jahr vier Millionenprozesse gegen Landwirte, deren Reisernte durch Bayer-Versuchsfelder verseucht worden war. GERHARD DILGER