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: Politrapper zwischen Amt und Mandat

Nicht viele Politiker müssen ihre Amtsberechtigung derart in Frage stellen lassen. „Sagen Sie, wozu genau ist Omid Nouripour eigentlich im Parteivorstand?“, werden Spitzen-Grüne manchmal um Auskunft gebeten. Die wissen darauf natürlich nichts Besonderes zu sagen. Das Gute an Nouripour aber ist, dass man ihn auch gleich selbst fragen kann. Aus Gründen, die sich irgendwie aus dem Gespräch ergeben, bekommt man dann eine Musikdatei mit seiner jüngsten Rap-Komposition zugemailt.

Nouripour hat vor ein paar Tagen seinen 31. Geburtstag gefeiert und wird voraussichtlich im Herbst den Sitz im Bundestag von Joschka Fischer übernehmen. Denn Exaußenminister Fischer wird morgen in der Grünen-Fraktion seinen Abschied feiern und dürfte sein Bundestagsmandat bald niederlegen. Der in Teheran geborene Frankfurter Nouripour ist der Nachrücker für Fischer. Dank der noch fast strikten grünen Trennung von Amt und Mandat bedeutet das, dass er auf dem Parteitag im Dezember wohl für den Bundesvorstand nicht mehr kandidieren darf.

Und bestimmt ist das polit-popkulturelle Talent Nouripour mit dem iranischen und seit 2002 dem deutschen Pass im Bundestag viel besser aufgehoben. Die Grünen-Fraktion kann Leute gebrauchen, die andere Probleme haben, als ihr ehemaliges Regierungshandeln auch in der Opposition zu verteidigen.

Nouripour ist theorie- und diskursverliebter Rundum-Geisteswissenschaftler, dessen Doktorarbeit zum Thema: „Deutschland: Heimat, Fremde – über Deutsche Literatur von Nicht-Deutschen“ sicherlich auch ein Weilchen gären kann. Statt dessen könnte er einlösen, was er vor zwei Jahren im Kreis einiger anderer Junggrüner versprach: „Links neu“ zu definieren – zum Beispiel mit so genannten Inhalten.

Wer im Bundestag schon nicht mitregiert, hat immerhin das gesamte Instrumentarium von kleinen Anfragen, Anhörungen und Anträgen zur Verfügung. Und Nouripour erklärte im Wahlkampf 2005, sich um das ausgegrenzte Fünftel der Gesellschaft kümmern zu wollen, weil „irgendeine Scheißpartei das machen muss“. Wird sich die Linksfraktion womöglich wärmer anziehen müssen?

Sicherlich aber wird Nouripour das Fraktionsstandbein Migrations- und Integrationspolitik stärken. Er gehört zu den Politikern, die nicht nur immer neue Worte für das ausgewogene Maß von Rechten und Pflichten für Ausländer suchen. Während etwa Fraktionschefin Renate Künast sich in regelmäßigen Abständen vom Begriff „Multikulti“ verabschiedet, multikulturalisiert Nouripour einfach weiter. Demnächst dann im Deutschen Bundestag.

ULRIKE WINKELMANN