Das Problem der indischen Küche heißt Deutschland

Natalie Tenbergs Gastro-Kritik: Das indische Restaurant Masala in Berlin-Charlottenburg weckt die Sehnsucht. Aber erfüllt es sie auch?

Die indische Küche hat ein großes Problem – und das heißt Deutschland. Unser Hang zur fetten Soße und die Abneigung gegen allzu scharfe und zerkochte Lebensmittel vertragen sich nicht mit der Vorstellung, die Inder von gutem Essen haben. Was einem folglich in indischen Lokalen vorgesetzt wird, wird weder dem deutschen Gaumen, noch der indischen Kochkunst gerecht: pampiges, seicht gewürztes Essen. Doch es gibt immer wieder Restaurants, die es schaffen, dieses Klischee zu brechen.

Das Masala in Berlin-Charlottenburg, so geht das Gerücht, sei eines davon. Vor dem Lokal lädt eine Terrasse mit Holzstühlen unter weißen Sonnenschirmen ein. Oder man geht lieber nach innen, in einen großen Raum mit hohen, rot gestrichenen Decken an denen zwei überdimensionale Fische hängen. Ist das Kunst? Eher Kitsch, aber zugegeben, hübscher. Zu drei Seiten öffnen sich große Fenster und lassen die heiße Mittagsluft herein.

Nur wenige Gäste sitzen an den Tischen, meist Leute aus der Nachbarschaft, die etwas trinken. Auf den Fensterbänken stehen vertrocknete Lilien. Im Hintergrund dudelt nicht etwa der letzte Bollywood-Hit, sondern „Aïcha“ von Khaled. Wäre da nicht die kleine Büste von Ganesha, dem Elefantengott, man würde bezweifeln, dass es sich um ein indisches Restaurant handelt. Vielleicht hängt sie aber genau deswegen da, besonders dekoriert, wie bei gläubigen Hindus üblich, ist sie nämlich nicht, sieht eher aus wie ein Souvenir.

Zur Mittagszeit bietet das Masala eine Tageskarte. Auf der steht auch Chicken Korma, ein nordindisches Gericht auf Joghurtbasis. Im Original ist es kräftig gewürzt, mit Ingwer, Koriander und Kokosnuss. Die Masala-Variante ist mau und nichts anderes als Sahnegeschnetzeltes vom Huhn mit gelbem Farbeinschlag. Besser schmecken da die Beilagen. Die Samosas, Teigtaschen mit Kartoffelfüllung, sind ordentlich mit Kräutern gespickt, wenn auch ein wenig rosinenlastig. Sie werden auf einem Metallteller mit einer kleinen Salatbeilage serviert. Dazu bringt der Rafiq, der freundliche Kellner, drei kleine Soßenschalen: Mango, Minze und Essig.

Richtig gut wird es beim Alu-Paratha, einer weiteren Beilage. Dieses dünne indische Brot wird mit einer Kartoffelpaste in Fett gebacken. Nicht gerade leichte Kost für einen heißen Nachmittag, aber köstlich. Dennoch wird man im Masala wehmütig. Die Gerichte tragen eine Ahnung davon in sich, wie das Essen in Indien schmeckt. Das reicht, um eine Sehnsucht zu wecken. Es reicht nicht, diese Sehnsucht auch zu befriedigen. Schade.

Masala, Friedbergstr. 38, 14057 Berlin, Tel. (030) 48 48 17 87, täglich 12 bis 24 Uhr, Vorspeisen ab 3,20 €, Hauptgerichte ab 6,80 €, Tageskarte ab 5,50 €, S-Bahnhof Charlottenburgwww.restaurant-masala.de