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Archiv-Artikel

Harmonie im Viertel

STUDIE Hamburg hat Erfolg mit seiner Integrationspolitik. Muslime fühlen sich ihrer Nachbarschaft zugehörig, erleben aber im Alltag häufig Diskriminierung

Das „Open Society Institute“

Die Stiftung des ungarisch-stämmigen US-Milliardärs George Soros fördert erklärtermaßen offene, tolerante Gesellschaften und verantwortliches Regieren.

■ Das OSI fördert in über 70 Ländern zivilgesellschaftliche Initiativen für bessere Ausbildungs- und Gesundheitssysteme, unabhängige Medien und mehr Demokratie.

■ Finanziell unterstützt wurden von Soros auch diverse oppositionelle Gruppen in Osteuropa.

■ Soros selbst lehnt „Marktfundamentalismus“ ab, sein Vermögen beruht gleichwohl auf erfolgreichen Spekulationsgeschäften.

Muslime fühlen sich in Hamburg und ihrem Wohnviertel wohl. In Deutschland sehen sie sich dagegen als Fremde. Das ist ein Ergebnis der Studie „Muslime in Hamburg“ im Auftrag des Open Society Institute (OSI). Insgesamt biete Hamburg Migranten demnach ein integrationsfreundliches Umfeld.

Andreas Hieronymus vom Hamburger Institut für Migrations- und Rassismusforschung befragte jeweils 100 Muslime und Nicht-Muslime in Hamburg-Mitte wo 71.000 der geschätzt 90.000 Hamburger muslimischen Glaubens leben. Die Muslime wurden im Schneeballsystem ausgewählt: Befragte vermittelten weitere Kandidaten aus ihrem Bekanntenkreis, die sich selbst als Muslim wahrnehmen, an die Autoren der Studie weiter. Ob dies das Blickfeld nur auf ein Milieu gut Integrierter beschränkte bleibt offen. Dafür spricht, dass sich rund 98 Prozent der Befragten für die deutschsprachige statt für die muttersprachliche Variante des Fragebogens entschieden haben.

Die Mehrheit aller Befragten sieht ein gutes Miteinander verschiedener Kulturen im eigenen Viertel. Das größte Integrationshindernis seien mangelnde Deutschkenntnisse. Viele Muslime sehen sich als Nicht-Christen nicht akzeptiert und fühlen sich von ihrer Umwelt als „Ausländer“ wahrgenommen. Sie würden oft diskriminiert. Islamfeindliche Vorurteile seien weit verbreitet. Religiöse Symbole wie Kopftuch oder Bart seien ein Nachteil auf dem Arbeitsmarkt. Trotz häufiger Polizeikontrollen haben sie hohes Vertrauen in Polizei und Gerichte, mehr sogar als Nicht-Muslime. Die Teilhabeangebote der Stadtverwaltung und die geplante Schulreform werden positiv wahrgenommen.

Nicht detailliert abgefragt wurde die Einstellung der Befragten zu kritischen Themen wie Gleichberechtigung der Frau, Religionsfreiheit oder Akzeptanz der Demokratie. Der Fokus liege auf Partizipation und Diskriminierung betont Hieronymus, nicht auf Integrationserfolge. „Es ist doch das typische Merkmal der Großstadt, dass, egal ob mein Nachbar meine Werte vertritt, ich trotzdem gut mit ihm auskommen kann.“

Die Ergebnisse der Studie fließen in das Forschungsprojekt „Zuhause in Europa“, das die Lebensbedingungen von Muslimen in elf europäischen Städten wie Berlin, Kopenhagen, Paris und London untersucht.

Als Konsequenz des Hamburger Berichts fordert das OSI mehrsprachige Beamte und Polizisten, so wie eine bessere ethnische Mischung der Wohnviertel.WOLFGANG DENZLER