Steinbrück und Koch stopfen Steuerlöcher

SPD-Bundesfinanzminister und Hessens CDU-Ministerpräsident sind sich grundsätzlich einig, dass Unternehmen ihre verschleierten Gewinne künftig versteuern sollen – fragt sich nur, an welcher Stelle. Die Unionsfraktion ist skeptisch. Fortschritte bei der Reform der Firmenabgaben

BERLIN taz ■ Schrittweise arbeiten sich Union und SPD bei der Reform der Unternehmensteuern voran. An einem heiklen Punkt, der Ausdehnung der Gewerbesteuer, kommt offenbar ein grundsätzliches Einverständnis zwischen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zum Tragen.

Im Großen und Ganzen schlägt Steinbrück vor, die Gesamtbelastung von Kapitalgesellschaften – zum Beispiel AGs – von heute knapp 39 Prozent auf rund 29 Prozent zu drücken. Dies soll als Anreiz für Unternehmen wirken, ihre Gewinne nicht im Ausland, sondern bei deutschen Finanzämtern zu versteuern. Bund und Länder nähmen dadurch langfristig mehr Steuern ein, hofft die Koalition. Um dieses Ziel zu erreichen, will man den Unternehmen die Gewinnverlagerung ins Ausland mit einer weiteren Maßnahme zusätzlich erschweren.

Hier kommt die Ausdehnung der Gewerbesteuer ins Spiel. Steinbrück und Koch plädieren dafür, dass die Unternehmen nicht nur ihre Gewinne im Inland versteuern, sondern künftig auch einige Kosten: die Ausgaben für Zinsen, Mieten, Lizenzgebühren und Leasingraten.

Auf den ersten Blick sieht es zwar merkwürdig aus, dass eine Firma auch für Verluste Steuern zahlen soll. Die Logik hinter dieser Überlegung freilich erläutert der Wiesbadener Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass am Beispiel der schwedischen Möbelkette Ikea. Vom Umsatz jedes Stuhls, Teppichs oder Hängeschranks überweise Ikea Deutschland 3 Prozent Leasinggebühr an die Ikea-Lizenzverwaltung in Holland. Diese Leasinggebühren seien formell zwar Kosten, tatsächlich aber legal und steuerfrei ins Ausland überwiesene Gewinne, so Jarass. Und ähnlich verhalte es sich bei vielen Unternehmen mit den Schuldzinsen für Kredite.

Darin, dass diese Gewinntransfers eingeschränkt werden müssen, sind Steinbrück und Koch sich einig – allerdings noch nicht beim Umfang der Ausdehnung der Gewerbesteuer. Ein möglicher Kompromiss besteht darin, Lizenzgebühren und Zinsen bei der Gewerbesteuer nur zur Hälfte hinzurechnen, dafür aber auch bei der Körperschaftsteuer. Die Finanzpolitiker der Union im Bundestag betrachten die Ausdehnung insgesamt mit Skepsis.

Steinbrücks Sprecher Torsten Albig sagte gestern, die Eckpunkte seines Ministers seien am Sonntag im Koalitionsausschuss „diskutiert“, aber noch nicht „akzeptiert“ worden. Die Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums müssten nun am Konzept feilen, um den „Korridor“ der Positionen „zu verengen“.

Steinbrück und Koch haben bereits einmal Steuergeschichte geschrieben, als sie 2003 einen gemeinsamen Plan für die Kürzung von Subventionen in Milliardenhöhe vorlegten. Viele dieser Vorschläge der praktizierten großen Koalition unter einer rot-grünen Bundesregierung wurden in den Folgejahren nach und nach umgesetzt. HANNES KOCH