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Archiv-Artikel

„Dieser Kompromiss reicht mir nicht aus“

FDP-Vize Cornelia Pieper will, dass der Bund auch nach der Föderalismusreform Schulen fördern kann

taz: Frau Pieper, können Sie nun – nachdem im Hauptstreitpunkt Bildung ein Kompromiss gefunden wurde – der Föderalismusreform zustimmen?

Cornelia Pieper: Nein.

Warum nicht?

Ich begrüße zwar, dass die Regierungskoalition das Kooperationsverbot bei den Hochschulen gelockert hat. Aber das reicht mir nicht aus. Denn wir brauchen Exzellenzprogramme in der Bildung, wie die Frühförderung etwa, um im internationalen Wettbewerb besser aufgestellt zu sein als im Augenblick. Es gibt auf der ganzen Welt kein föderalistisches Land, das sich so ein zersplittertes Bildungssystem leistet wie wir. Zudem wird in Europa über die Harmonisierung von Abschlüssen geredet und wir machen hier genau das Gegenteil.

Das heißt, sie wollen, dass der Bund künftig auch Schulprogramme fördern darf.

Ich will, dass Bildungsprojekte von gesamtstaatlicher Bedeutung weiterhin vom Bund unterstützt werden können. Wenn beispielsweise Modellversuche für die Ganztagsschulen als gesamtgesellschaftlich bedeutend angesehen werden, dann kann der Bund das Modellprojekt auch in Zukunft unterstützen.

Wenn der Bund die Länder bei den Schulen nicht mehr unterstützen darf, wird die Kultusministerkonferenz, KMK, an Einfluss gewinnen. Die Hoffnung ist, dass sie auch mehr koordiniert. Schafft sie das?

Die KMK wird das nicht schaffen. Denn sie hat es ja schon seit Jahren nicht geschafft, zu koordinieren. So wird sie es auch zukünftig nicht schaffen, einen bundeseinheitlichen Schulabschluss einzuführen und die Länder dazu zu verpflichten, qualitativ hochwertige Bildungsstandards zu setzen. Denn bisher ist die KMK den Weg gegangen, Bildung und insbesondere die Schulen durch mehr Verordnungen zu drangsalieren. Die KMK gehört deshalb abgeschafft.

Was sollte die KMK ersetzen?

Wir brauchen ein effizienteres, schlankes Gremium, eine nationale Bildungskonferenz, in der je ein Vertreter des Bundes, je ein Vertreter der Länder und Bildungsexperten und Wirtschaft ist. Dieses Gremium soll eine nationale Bildungsstrategie ausarbeiten.

Wie viele sind in der FDP-Fraktion Ihrer Meinung und würden gegebenenfalls der Föderalismusreform so wie bisher geplant nicht zustimmen?

Ich gehe davon aus, dass zwei Drittel dem Gesetz so nicht zustimmen würden und deshalb unseren Änderungsantrag, den wir am Freitag einbringen werden, unterstützen.

Nach dem Bundestag muss das Reformpaket vom Bundesrat abgesegnet werden. Wie werden die FDP-regierten Bundesländer stimmen – wenn alles so bleibt wie geplant?

Ich weiß sehr sicher, dass die FDP-regierten Länder gegen das Kooperationsverbot bei der Wissenschaft waren. Ich glaube jedoch nicht, dass sie so weit gehen werden, Änderungen in Bezug auf die Schulen einzufordern.

Die Grünen wollen mit FDP und der Linkspartei gemeinsam gegen die Föderalismusreform angehen. Machen Sie mit?

Wenn es um die Sache geht, bin ich dazu bereit. Immerhin geht es um die Zukunft unserer Länder. Ich hoffe und rechne aber damit, dass der ein oder andere der SPD und der CDU noch zu gewinnen ist für einen vernünftigen Vorschlag.

INTERVIEW: SASCHA TEGTMEIER