Und Bayern!

CSU Heimattümelei mit US-Botschafter. Die Christsozialen inszenieren den zweiten Tag ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth

AUS WILDBAD KREUTH TOBIAS SCHULZE

Die Bundestagsabgeordneten der CSU treffen sich jeden Januar zu einem Mythos. Er heißt Wildbad Kreuth und findet am Rande einer Klausurtagung statt. Dort benehmen sich die Christsozialen noch einmal so richtig bayerisch, bevor sie Mitte des Monats zurück nach Berlin müssen. Am Mittwoch war US-Botschafter John B. Emerson auf der Tagung zu Gast und half prompt mit, den Mythos Kreuth zu pflegen. Während er und Parteichef Horst Seehofer für die Fotografen posierten, legten sie einen bemerkenswert bajuwarischen Dialog hin:

Emerson: Es freut mich, hier zu sein. Es ist ein sehr schöner Tag.

Seehofer: Und Bayern!

E: Und Bayern, ja! Das ist mein fünfter Besuch in Bayern in vier Monaten.

S: Und beim Oktoberfest wieder.

E: Ja, ja!

S: Wir gehen jetzt rein.

E: Tschüß!

S: Tschüß ist norddeutsch.

E: Grüß Gott!

Natürlich besteht der Mythos Kreuth nicht nur aus Bayerntümelei. Auf der Klausurtagung bemüht sich die CSU traditionell auch, Freunde und Feinde durch provokante Forderungen aufzuschrecken. In diesem Jahr gelang ihr das ausgezeichnet, mit Beschlüssen gegen die Europäische Union, den Mindestlohn und vermeintliche Armutsflüchtlinge. Von diesem Teil der Mythospflege bekam Botschafter Emerson auf seinem Besuch allerdings wenig mit. Zwei Stunden lang diskutierten die CSU-Abgeordneten mit Emerson, unter anderem über die NSA-Spähaffäre. Von einer „intensiven Diskussion“ sprach Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt danach zwar. Auf deutliche öffentliche Worte zum Abhörskandal verzichtete die CSU auch in Kreuth.

Die Bundesregierung hatte den USA schon im Sommer einen Fragenkatalog zum Thema geschickt. Dass die US-Regierung bis heute nicht alle Antworten lieferte, stört Hasselfeldt nicht. „Mir ist lieber, die Fragen werden vollständig und gründlich beantwortet als schnell und oberflächlich“, sagte sie. Emerson selbst verriet keine Details der Abhöraktionen. Ob sich im Obergeschoss der US-Botschaft in Berlin Spionagetechnik befindet, wie es Experten vermuten, wollte er nicht beantworten. „Wir haben Kommunikationstechnik unterm Dach. Wir sind schließlich eine Botschaft“, sagte er lapidar. Zwischen den Zeilen warnte er den Bundestag davor, den Whistleblower Edward Snowden vor einen Untersuchungsausschuss zu laden. „Es ist wichtig zu verstehen, dass sich der amerikanische Kongress das sehr genau anschaut“, sagte Emerson.

Vor dem Gespräch mit Emerson hatte die CSU-Landesgruppe einstimmig ein Papier angenommen, in dem sie Ausnahmen vom Mindestlohn fordert. Schon am Dienstag stimmten die Abgeordneten den umstrittenen Forderungen zur vermeintlichen Armutsmigration zu. Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) griff das Thema inzwischen auf. Im Interview mit der Schwäbischen Zeitung machte er die Regierungen Bulgariens und Rumäniens für die Auswanderung ihrer Bürger verantwortlich: Er kritisierte, die beiden Länder beanspruchten nicht alle EU-Mittel, die ihnen eigentlich zustünden. „Hier müssen Rumänien oder Bulgarien müssen ihre Hausaufgaben machen.“