schurians runde welten : Meine strenge Fußballdiät
„Ich habe ein flaues Gefühl, aber es geht.“ (Oliver Kahn)
Wenn ich WM-Spiele sehe, wird mir übel. Es passiert seit einer Woche, ich würde eigentlich gerne hinsehen, aber mein Körper streikt und macht, was er will. Schwenkt die Führungskamera über anthroposophisch eingefärbten Tribünen, wird mir kotzflau. Heiße dünne Luft wabert meine Speiseröhre empor und es fühlt sich an, als würde ich mit Bauchweh im Bett liegen, neben mir ein Eimer und vor mir Truthahnbraten in Käsesahnesauce dazu überbackenes Gemüse mit Speckstreifen. Aus rein gesundheitlichen Erwägungen lasse ich den Fußballfernseher häufiger aus, als mir lieb ist.
Meine Fußballschonkost besteht seither in der Lektüre und dem kontemplativen Versenken in den Spielplan der kommenden Bundesligaspielzeit. Zunächst lernte ich die Rahmendaten der Saison 2006/2007 auswendig: Die beiden Serien beginnen am 11. August und enden am 19. beziehungsweise 20. Mai 2007. Wie immer sind in beiden Ligen jeweils 18 Mannschaften dabei, die zweimal gegeneinander zu spielen haben, so dass wir auf 34 Spieltage kommen. Die erste Hauptrunde im DFB-Pokal steht im September an. Aus dem Fußballwesten kommen in der 1. Liga sechs Teams, in Liga zwei sind es vier. Das Kicker-Sonderheft mit Mannschaftsfotos und Analysen von Hansi Müller wird voraussichtlich in der 30. Kalenderwoche erscheinen. Nach so viel trockenen Fußballfakten geht es mir etwas besser.
Mit den Spielansetzungen muss ich vorsichtiger sein. Der erste Spieltag beginnt mit einem Schlagerspiel und bei mir setzt leichtes Sodbrennen ein. Die Gedanken an das Livespiel München gegen Dortmund aus dem Fifa-Stadion tun mir nicht gut. Andere Partien versprechen da zum Glück weniger Aufregung für meine inneren Organe: Stuttgart gegen Nürnberg, Wolfsburg gegen Berlin oder Hamburg gegen Bielefeld sind magenschonend wie Salzstangen und Coca-Cola. Schön schal wie ein Wasserglas voll Paspertin-Tropfen schmeckt auch die zweite Liga: Aue trifft auf Unterhaching, Burghausen auf Karlsruhe und Köln hat eine Landpartie nach Augsburg vor sich.
In die Geburtsstadt der berühmten Oberlippenbart- und Fußballfreunde Jürgen W. Möllemann und Bernd Schuster hat es übrigens auch einen Spieler verschlagen, der im August 35 wird und in all den Spielzeiten gelernt hat, Steckbriefe entspannt auszufüllen. Die Frage nach früheren Vereinen beantwortet Karsten Hutwelker mit „zu wenig Platz“ – Augsburg ist Hutwelkers elfte Profistation. Als Lieblingsstadion nennt er „Gelber Sprung Wuppertal“. Und, welcher Sport interessiert ihn „überhaupt nicht“? – „Fußball“. Danke, Huti, mir ist fast schon wieder gut.CHRISTOPH SCHURIAN