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Archiv-Artikel

Einer ist mit sich im Reinen

Die Leistungen der Unparteiischen waren bislang weltmeisterlich. Sagt Angel Maria Villar Llona, Vizepräsident der Fifa und Vorsitzender der Schiedsrichterkommission. Sonst noch Fragen?

AUS BERLIN ANDREAS RÜTTENAUER

Sepp Blatter, der Präsident des Weltfußballverbandes, hatte die Messlatte hoch gelegt vor diesem Turnier. Das Schiedsrichterwesen bei dieser WM wurde zur Chefsache erklärt. Persönlich hat sich Blatter vor Beginn der WM auf den Weg nach Neu-Isenburg gemacht, um die qualifizierten Unparteiischen zu besuchen. Stolz erzählte er nach dem Treffen, dass er einige wichtige Punkte angesprochen habe. Ihm war es um den „Schutz der Spieler, die spielen können“ gegangen. Er hat das gemacht, um nicht noch einmal die gleichen Diskussionen führen zu müssen wie vor vier Jahren. Damals wurden die Schiedsrichterleistungen und vor allem die Arbeit der Linienrichter als verheerend bezeichnet. Eine Woche vor Ende des Turniers 2006 wird zwar nicht ganz so laut geschimpft über die Referees wie in Korea und Japan. Zufrieden sind dennoch die wenigsten.

Nur einer ist mit sich und seiner Arbeit im Reinen. Angel Maria Villar Llona, Fifa-Vizepräsident und Vorsitzender der Schiedsrichterkommission des Weltfußballverbandes, wollte gestern in den Katakomben des Berliner Olympiastadions kein schlechtes Wort verlieren über seine Referees. Er ist verantwortlich für das Auswahlsystem der Unparteiischen und für deren Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft. Er ist der Team-Manager der gern so bezeichneten 33. Mannschaft des Turniers. Und er stellte sich am Donnerstag vor seine Mannschaft. Ja, es habe einzelne Fehler gegeben, aber zu mehr als 90 Prozent sei die Arbeit der Schiedsrichter hervorragend gewesen. Er breitete die Arme aus: „Es ist ein so wunderbares Turnier in Deutschland, dazu kann ich sie alle nur beglückwünschen!“, rief er den Journalisten zu, die gekommen waren, um etwas ganz anderes zu hören.

Sie wollten endlich hören, warum so viele Unparteiische so früh zu einer Gelben Karte greifen, warum es so viele vermeidbare Herausstellungen gegeben habe. Sie wollten den Wortlaut einer Anweisung hören, an die sich die Schiedsrichter halten müssen, sodass ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, als frühzeitig in die Tasche zu greifen. Nichts davon gab Villar preis. „Wir können nur feststellen, dass es bei dieser WM nicht so viele schwere Verletzungen von Spielern gegeben hat“, war noch der interessanteste Satz, den er von sich gegeben hat. Ansonsten igelte er sich ein, stellte sich wie der Trainer einer angeschlagenen, aber wacker kämpfenden Mannschaft vor sein Team. Immerhin ließ er durchscheinen, dass er als Präsident des spanischen Fußballverbandes, der er auch ist, eine andere Meinung haben könnte, als der Vorsitzende der Schiedsrichterkommission: „Aber die ist jetzt hier nicht gefragt.“

Immer wieder betonte er, dass die Kommission ganze Arbeit geleistet habe. Endlich seien nur noch Schiedsrichtergespanne für die WM benannt worden, man habe psychologische Betreuung organisiert und trainiere unter professioneller Anleitung. Die Kommission habe gut gearbeitet, also pfiffen die Schiedsrichter auch gut. Und Graham Poll, der in einem Spiel demselben Akteur drei Gelbe Karten gezeigt hat? „Der ist ein hervorragender Schiedsrichter, aber eben auch nur ein Mensch.“ Und Valentin Ivanov, der, beim Achtelfinal-Spiel zwischen Portugal und den Niederlanden 16 mal Gelb und vier mal Rot-Gelb zeigte? „Sie kennen ihn doch aus vielen Europapokalspielen. Er ist ein hervorragender Schiedsrichter.“ Und Sepp Blatters Kritik? Ja, darüber müsse man reden – nach der WM.

Dann wird vielleicht auch angesprochen, was viele denken und was Graham Poll bereits zugegeben hat, dass die Vorgaben der Fifa, aber auch die persönlichen Vorlieben eines Sepp Blatter zur Verunsicherung der Unparteiischen beigetragen hätten. Poll sagte, er pfeife bei einer WM anders als in der englischen Premier League. Da habe er seinen eigenen bewährten Stil, bei der WM habe er ihn verloren. Erfahren wird man von der Aussprache wahrscheinlich nicht viel mehr, als dass alles gut und schon immer gut gewesen sei.