Da lachen die Kollegen

Luca Toni trifft, Gennaro Gattuso tritt, und beide zusammen nehmen den kommenden Gegner Deutschland mit Humor

AUS HAMBURG BERND MÜLLENDER

Einen Sechser nennt ihn in Deutschland kaum jemand. Eher: Mittelfeld-Wüterich, Sensenmann, vor allem: Giftzwerg. Gennaro Gattuso, 28, gilt nach vielen Europapokalduellen mit dem FC Milan (zuletzt gegen Bayern München und Schalke 04) als böser Bube des Fußballs. Seine Stimme ist tatsächlich so rau wie sein Spiel, aber seine schwarzen Augen wirken von Angesicht zu Angesicht viel freundlicher als im Ingrimm des Spiels, fast lustig. Und der Mann hat tatsächlich Humor: Wo er das Elfmeterschießen der Deutschen verfolgt hätte, wurde er nach dem 3:0 gegen die Ukraine gefragt. „Ach das … ja, dem Kommentar habe ich gelauscht, im Bad.“ Bitte? „Ja, ich habe nur zugehört. Ich habe währenddessen geduscht. Wer gewinnt, war mir eh egal.“

Gattuso erklärt sich begeistert von der WM. „Die Leute sind alle so freundlich und so höflich.“ 1974, habe ihm sein Vater berichtet, habe es „in Deutschland nur Geschichten über Spaghetti und Mafiosi in den Zeitungen geben“. Grund: „Wahrscheinlich, weil die Frauen der Journalisten alle was mit einem Italiener hatten.“ Da lachten die Kollegen aus dem Land der Pizza und der Fußballmanipulationen alle sehr.

Für die Tore soll der Florentiner Luca Toni, 29, sorgen. Europas bester Toresammler (sensationelle 31 in der Vorsaison, Rekord für die Serie A seit 1948), laut dem Fachblatt Gazzetta dello Sport „mitreißend wie ein Wirbelsturm“, hatte in sechs Versuchen für die Squadra Azzura nicht getroffen. Dann kam Hamburg. Zwei Tore nach typischer Toni-Art: beiläufig, als instinktsicherer Torraumspieler, schnörkellos vollendend, eiskalt. „Die anderen haben das Vertrauen in mich verloren, ich nie“, sagte der Sturmschrank von der Größe Per Mertesackers (1,94 Meter). „Jetzt ist der Knoten geplatzt.“

Luca Toni hatte sich mathematische Gesetze eingeredet, wonach mit jedem torlosen Spiel die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs wieder steige. Trainer Marcelo Lippi verwies darauf (allerdings nach dem Spiel), dass er ihm zwei Tore gegen die Ukraine persönlich prophezeiht habe. Gegen die DFB-Elf hat Luca Toni zuletzt beim legendären 4:1 im März in seiner Heimatstadt getroffen. Auch Dortmund will er sich „schmecken lassen“. Schon wieder so eine Essens-Metapher. „Die Deutschen haben Angst vor uns“, vermutet er. Bild kultiviert diese schon: „Jetzt gegen Tor-Toni.“ Tor-Totti ist übrigens auch dabei – und der hat sein Feingefühl, das zeigte Hamburg, pünktlich wiedergefunden. Lippi sagt: „Toni und Totti wachsen.“

Dass das Dortmunder Stadion kochen wird wie Spaghetti-Wasser, lässt die Italiener kalt. Gattuso: „Fans spielen ja nicht mit. Wenn du auf dem Platz stehst, siehst du nur deine Gegner.“ Übermäßige Angst um ihre Gesundheit müssen die Deutschen bei Gattuso nicht haben, denn der hat selbst ein wenig. Eine gelbe Karte würde ihm das Finale vergeigen. Dass er dahin kommt, ist „keine Frage.“