große oper: candida höfer hört die musik schon vor der ouvertüre

Schwer fällt der kostbar geraffte, leuchtend rote, goldbestickte Samt. Ein prachtvollerer Vorhang als der des Palais Garnier ist kaum vorstellbar. Keine Frage, dass Candida Höfers Buch „Opera de Paris“ (mit einem Text von Gérard Mortier, Schirmer/Mosel Verlag, Müchen 2006, 80 Seiten, 31 Farbtafeln, 39,80 €) mit seinem Bild eröffnen muss. Und keine Frage, einmal mehr kündigt sein Bild eine großartige Inszenierung an. Mit Spannung wird sie erwartet, auch bei wiederholter Aufführung. Dagegen spricht nicht mal, dass sich kein Publikum im Saal drängt. Es ist ja schwer zu sagen, wann Candida Höfer die öffentlichen oder halböffentlichen Räume der Museen, Bibliotheken oder Verwaltungspalästen besucht, die das zentrale Motiv ihres fotografischen Werks sind; ob vor Öffnung oder nach Schluss. Bei ihren Bildern der zwei Pariser Opern allerdings, dem 1875 erbauten Palais Garnier und der 1989 eröffneten Opéra Bastille, scheint alles Vorbereitung und Bühne zu sein: der Saal, die Gänge, die Ränge, das große prachtvolle Foyer, das kleine Foyer, das mit Tischen und Stühlen zum Pausenbuffet einlädt, die Logen und natürlich auch die Bühne selbst. Frontal, aufgeräumt wie immer, fast schattenlos im künstlichen Licht der Lüster oder der nüchternen Neonlampen im Fall der Bastille, zeigt sich das Interieur in Candida Höfers Bildern. Doch anders als sonst ist ihr Nachhall in der Erinnerung kein bisschen melancholisch. Festlich und erwartungsvoll proben die Räume ihren großen Auftritt. Fast möchte man sagen, Musik liegt in der Luft. BRIGITTE WERNEBURG