: Die Bestrafung der Bösgläubigen
GESETZ CSU will Rückgabe von Raubkunst erzwingen. Aber nur wenn die Sammler wussten, was sie taten
MÜNCHEN taz | Während in Berlin eine Expertenkommission die Zukunft des Welfenschatzes klärt, geht in München die Debatte über die „Lex Gurlitt“ weiter. Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) verteidigte am Montag seinen Gesetzesentwurf zur Rückgabe von Beutekunst gegen Kritik. Anwälte und Oppositionspolitiker hatten zuvor bemängelt, der Entwurf gehe nicht weit genug und helfe den Betroffenen in der Praxis keinen Schritt weiter.
Anlass für den Gesetzesentwurf war der Schwabinger Kunstfund. Im November vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass der 81-jährige Kunstsammler Cornelius Gurlitt in seiner Wohnung in München-Schwabing Hunderte Gemälde gelagert hatte. Ein Teil der Bilder soll NS-Raubkunst sein – Werke also, die ihren jüdischen Eigentümern in der Nazizeit entzogen wurden. Gurlitt hat bereits bekundet, die Bilder nicht an die früheren Eigentümer oder deren Erben zurückgeben zu wollen.
Anders als im Fall des Welfenschatzes spielt die Washingtoner Erklärung hier keine Rolle. Sie richtet sich in erster Linie an staatliche Museen und ist rechtlich nicht bindend. Für Privatpersonen sehen die Gesetze zwar eine Rückgabepflicht vor, sie verjährt in der Regel aber nach dreißig Jahren. Der Fall ist kompliziert, doch es ist möglich, dass Gurlitt alle Bilder behalten darf.
Hier setzt der Entwurf der bayerischen Regierung für ein neues Bundesgesetz an. Demnach sollen die Ansprüche der Opfer nicht mehr verjähren. Unter einer Voraussetzung: Der jetzige Besitzer muss „bösgläubig“ sein. Das heißt: Er weiß, dass seine Sammlung aus erbeuteten Werken besteht, oder hat zumindest Anhaltspunkte dafür. Gültig wäre das Gesetz nicht nur für den Fall Gurlitt oder NS-Raubkunst allgemein, sondern für alle vergleichbaren Fälle. Mitte Februar wird sich der Bundesrat erstmals mit dem Entwurf befassen.
Anwälte kritisieren, dass es Betroffenen kaum möglich sei, die Bösgläubigkeit der neuen Besitzer nachzuweisen. „Der Entwurf der Staatsregierung ist eine reine Alibihandlung“, sagte daher der bayerische Landtagsabgeordnete Sepp Dürr (Grüne). Er fordert ein umfassenderes Gesetz nach österreichischem Vorbild. Die bayerische Regierung befürchtet jedoch, dass ein Gesetz ohne Einschränkung in Deutschland rechtswidrig wäre. „Ein großer Wurf, der dann aber in Karlsruhe scheitert, wäre ein Bärendienst für die Eigentümer und deren Erben“, so sagte zumindest Justizminister Winfried Bausback. TOBIAS SCHULZE