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Archiv-Artikel

Drei Väter wollen Kinderlose bluten sehen

Väter wollen keine Rentenbeiträge zahlen, weil sie Kinder erziehen. Heute Entscheidung beim Bundessozialgericht

FREIBURG taz ■ Die drei Männer – ein Journalist, ein Krankenpfleger und ein Betriebswirt – haben alle mehrere Kinder. Der Betriebswirt zum Beispiel zieht mit seiner Frau, einer Heilpädagogin, fünf Kinder auf. „Derzeit sichere ich die Funktionsfähigkeit der Rentenversicherung doppelt: durch meine Beitragszahlung und durch die Erziehung von Kindern“, kritisiert der Kläger. Er sieht darin eine willkürliche Benachteiligung von Familien, die gegen das Grundgesetz verstoße. Das Bundessozialgericht soll daher die Väter-Klage dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Prüfung vorlegen. Heute wird darüber entschieden.

Schon seit 1997 kämpfen die Väter um Aufmerksamkeit und positive Gerichtsurteile. Bisher mit wenig Erfolg. Vor drei Jahren erklärte das Bundessozialgericht ihre Klage überraschend für unzulässig. Sie hätten gegen die Krankenkassen klagen müssen, weil diese die Rentenbeiträge einziehen. Also begannen sie den Klageweg wieder von vorn.

Die Hoffnungen der Väter richten sich ganz auf das Bundesverfassungsgericht. Denn Karlsruhe hatte 2001 in einem Aufsehen erregenden Urteil erklärt, dass bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung auch die Erziehungsleistung zu berücksichtigen ist. In der Folge hat der Gesetzgeber gestaffelte Beiträge eingeführt. Für Eltern beträgt der Beitrag 0,85 Prozent vom Lohn, für Kinderlose dagegen 1,1 Prozent.

Schon damals verlangte das Bundesverfassungsgericht, dass der Gesetzgeber auch bei der Rentenversicherung über differenzierte Beiträge nachdenken soll. Im Vergleich zur relativ schlanken Pflegeversicherung wäre es dann um die Umverteilung richtig großer Geldsummen gegangen.

Doch die Politik lehnte gespaltene Rentenbeiträge für Eltern und Kinderlose ab. Schon wenige Tage nach dem Karlsruher Pflege-Urteil erklärte der damalige Bundessozialminister Walter Riester (SPD), in der Rentenversicherung gebe es bereits einen „effektiven Familienlastenausgleich“. Seit 1986 können Mütter – auf Antrag auch Väter – ein „Babyjahr“ pro Kind bei der Rentenversicherung einbringen. Mit der Rentenreform des Jahres 1992 wurde die anrechenbare Zeit sogar auf drei Jahre für jedes ab diesem Zeitpunkt geborene Kind erhöht. Bei der Rentenversicherung müsse nichts verändert werden, beschied Riester.

Den Klägern genügt das aber nicht. Die Eltern müssten in der Zeit entlastet werden, in der sie Kinder erziehen, nicht erst Jahrzehnte später, wenn sie Rente erhalten. So hatte auch Karlsruhe in seinem Pflege-Urteil argumentiert.

Die Väter machen aber auch darauf aufmerksam, dass die aus Steuermitteln finanzierte Anrechnung von Kindererziehungszeiten nicht zuletzt von steuerzahlenden Eltern finanziert wird. „Eltern sind von den Verbrauchssteuern, zum Beispiel der Mehrwertsteuer und der Ökosteuer, sogar besonders stark betroffen“, sagen die drei Väter. Auf der Leistungsseite bevorzugen sie deshalb eine Umverteilung unter den Rentnern. Kinderlose sollen weniger Rente bekommen, Eltern dafür mehr.

CHRISTIAN RATH