: „So wütend war der Protest noch nirgends“
Überall, wo seine Gemeinde eine Moschee bauen will, tauchen die gleichen Argumente dagegen auf, sagt Hadayatullah Hübsch, der Sprecher der deutschen Ahmadiyya-Gemeinde. Die seien jedoch reine Propaganda
taz: Herr Hübsch, Sie sind schon zum zweiten Mal wegen der Konflikte um den Moscheebau Ihrer Gemeinde in Heinersdorf aus Frankfurt nach Berlin gekommen – wie beurteilen Sie die Stimmung?
Hadayatullah Hübsch: Anfangs war ich schockiert, jetzt bin ich hoffnungsvoll. Es war ziemlich hart, auf der letzten Demonstration die Neonazis, aber auch die aufgebrachten Heinersdorfer zu sehen. Aber man muss davon ausgehen, dass die Menschen mit ein bisschen Nachdenken zu der Meinung kommen, dass es keinen Sinn hat, dauernd nur zu zündeln. Man muss sich der Realität stellen, und die ist, dass in einer Weltstadt wie Berlin Muslime dazugehören.
Von anderen Moscheeprojekten sind Sie Widerstand gewohnt – ist der hier in Berlin besonders stark?
Immer, wenn wir eine Moschee bauen, tauchen dieselben Argumente auf, die Gegner schreiben voneinander ab. Auch haben wir bereits heftige Aktionen erlebt: In Hannover haben Gegner Riesenkreuze auf das Baugrundstück gepflanzt, und es gab auch mal einen Brandanschlag auf eine neu gebaute Moschee. Aber so wütend wie hier war der Protest noch nirgends.
Die Argumente gegen Sie liefert vor allem ein Buch der Sozialwissenschaftlerin Hiltrud Schröter, die die Ahmadiyya als antisemitisch, antichristlich und vor allem antidemokratisch beschreibt.
Warum Frau Schröter das Buch geschrieben hat, bleibt mir ein Rätsel. Es gibt ja genug wirklich gefährliche islamische Gruppen, die für sie eine Zielscheibe hätten sein können. Wir haben auf unserer Webseite Antworten auf alle ihre Thesen veröffentlicht – leider haben wir bisher weder von Frau Schröter eine Antwort bekommen, noch wird dies von unseren Gegnern wahrgenommen. Von daher gesehen sind diese Argumente einfach Propaganda. Den Leuten wird Sand in die Augen gestreut mit Thesen, die längst widerlegt sind. Der Verfassungsschutz, die Politik und die Medien haben das weitgehend zur Kenntnis genommen.
Zu Schröters Vorwürfen gehört, die Ahmadis wollten einen Gottesstaat errichten.
Der islamische Gottesstaat ist absolut unislamisch. Wir werden von den so genannten Islamisten ja bekämpft, weil wir gegen diese komische Vorstellung von Gottesstaat sind.
Auf Ihren Internetseiten finden sich auch Debatten, die stutzig machen. Beispielsweise zu der Frage, ob Kinder an Klassenfahrten teilnehmen sollten.
Unser Kalif hat die Lage dahingehend geklärt, dass er gesagt hat: Wenn ein Kind labil ist, anfällig für Unsinn, es also auch mal ein Glas Bier mittrinken würde, dann soll man es nicht einfach ins kalte Wasser schmeißen. Wenn ein Kind stark ist, sich innerhalb der Schulklasse einen Platz geschaffen hat, die Gebete mit Überzeugung spricht, dann gibt es keine Bedenken. Man kann ja nicht sagen, eine Klassenfahrt ist ungefährlich. Es hat die unmöglichsten und schlimmsten Dinge auf Klassenfahrten gegeben. Davor muss man sich hüten.
Es gibt Gerüchte, dass Sie überlegen, in einem anderen Bezirk zu bauen?
Das ist vollkommener Unsinn. Wenn wir jetzt in Heinersdorf nachgeben, dann würden überall, wo wir eine Moschee bauen wollen, die Gegner sagen: In Heinersdorf haben wir gesiegt, das ziehen wir jetzt wieder durch. Bestimmten Leuten ist es egal, wohin sie zum Demonstrieren fahren. Interview: Alke Wierth