: Heldin in Begleitung
Die Dreijährige glitt vorsichtig den flachen Skihang hinunter, ihre Mutter, auch auf Skiern, fuhr rückwärts in der Hocke vor ihr und drückte mit ihren Händen die Skispitzen der Kleinen zusammen und auseinander, um der blinden Tochter den Schneepflug zu zeigen.
„So lernte Verena Ski fahren“, sagt Monika Bentele nicht ohne Stolz. Am Donnerstag wurde ihre blinde Tochter, 31, eine gefeierte Biathletin und Weltmeisterin, von Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) in Berlin zur neuen Behindertenbeauftragten der Bundesregierung ernannt.
Inklusion werde ihr ganz großes Thema werden, sagte Verena Bentele, SPD-Mitglied, bei der Amtseinführung. Die Gemeinschaft Behinderter und Nichtbehinderter ist ihr ein Anliegen. Bentele weiß genau, wovon sie spricht. In den Medien wird die mehrfache Goldmedaillengewinnerin bei den Paralympics und Weltmeisterin gern als Blinde gefeiert, die Grenzen verschoben und neue Maßstäbe für das Leistungsvermögen Behinderter gesetzt hat. Bentele macht Skilanglauf, schießt mit einem akustischen Signalgewehr und arbeitet nach einem Studium in Literaturwissenschaften und Pädagogik jetzt freiberuflich als Motivationstrainerin.
Doch all das, so sagt Bentele, ist für sie nicht möglich ohne Assistenz und einem guten Team. Wenn sie Skilanglauf macht, fährt stets ein Begleitläufer drei Meter vor ihr, der ihr beständig und präzise Bodenwellen und Kurvenwinkel ansagt. Macht der Begleitläufer einen Fehler, stürzt die blinde Sportlerin.
Damit ist Bentele, die erste gehandicapte Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, nicht nur ein Beispiel für Willensstärke und Heldentum, sondern sie zeigt auch, worauf es vor allem ankommt, damit Behinderte ein volles Leben führen können: Sie brauchen alle technischen Hilfsmittel, die möglich sind, und Unterstützung, Assistenzen. Bisher laufen diese sogenannten Eingliederungsleistungen oftmals über die Sozialämter. Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung angekündigt, die Behinderten aus dem „Fürsorgesystem“ zu befreien. Man will die Einführung eines „Bundesteilhabegeldes“ prüfen. Das kostet Geld. Damit wird es spannend. BARBARA DRIBBUSCH