piwik no script img

Archiv-Artikel

Privatweg zum Kind

von BARBARA DRIBBUSCH

Der Mann des Paares wäre bei den hiesigen Behörden schon wegen seines hohen Alters als Bewerber für eine Adoption durchgefallen. Eheliche Stabilität konnte er mit den drei Scheidungen auch nicht vorweisen. Trotzdem bekamen Gerhard Schröder und seine vierte Gattin Doris Schröder-Köpf ein russisches Adoptivkind.

Der damalige Bundeskanzler hätte „bei den Vermittlungsstellen in Deutschland keine Chance gehabt“, sagt Bernd Wacker, Adoptionsexperte bei Terre des hommes gestern in Berlin, „das war eine klassische Privatadoption“. Die Organisation fordert, Auslandsadoptionen ohne fachliche Begleitung durch hiesige Vermittlungsstellen einen „gesetzlichen Riegel“ vorzuschieben.

Wacker wandte sich insbesondere dagegen, dass frisch gebackene Eltern mit ihren im Ausland auf privatem Weg adoptierten Kindern problemlos wieder nach Deutschland heimreisen können. Hier legalisieren die Behörden dann die Adoption, auch wenn es dazu nur Papiere aus dem Ausland gibt (siehe unten). Schon allein aus Gründen des Kindeswohls ist es nämlich kaum möglich, die Mädchen oder Jungen etwa wieder in das Heim ihres Herkunftslandes zurückzuschicken. „Diese Praxis muss beendet werden“, so Wacker.

Diese laut Terre des hommes „Selbstbeschaffungsadoptionen“ stünden im Widerspruch zur so genannten Haager Konvention und zum deutschen Adoptionsvermittlungsgesetz, erklärte Wacker. Dieses Gesetz hielte fest, dass die Auslandsvermittlung allein die Sache der heute zwölf bis dreizehn anerkannten Fachstellen in Deutschland sei.

Allerdings sind Privatadoptionen deswegen noch lange nicht illegal: Das so genannte Gesetz über die „freiwillige Gerichtsbarkeit“ (FGG) lasse es in § 16 a zu, dass hiesige Gerichte Adoptionsbeschlüsse aus dem Ausland ohne weitere Eignungsprüfung der Eltern anerkennen, rügte Wacker. Im Zuge der von der Politik geplanten Umgestaltung des FGG müsse daher eine „Vorschrift zur Vermeidung von Selbstadoptionen verbindlich in das Gesetz aufgenommen werden“, forderten Wacker und der Leiter der Zentralen Adoptionsstelle Berlin-Brandenburg, Frank Licht. Wacker verwies auf das Beispiel von Luxemburg, wo die Einreise von Eltern mit privat adoptierten Kindern nicht gestattet ist.

Adoptionen, bei denen sich die InteressentInnen nicht ausreichend informieren, stellten aber oft auch die Eltern später vor „enorme Probleme“, sagt Christine Andel, selbst Adoptivmutter eines heute 14-jährigen Jungen aus Tschechien und Gründerin der Initiative Adoptiveltern (www.adoptiveltern.com). Potenzielle Eltern müssten sich klar machen, dass ein Kind etwa aus Osteuropa meist schon traumatische Isolation und eine Heimgeschichte erlebt hat, Mutter oder Vater oft ein Alkoholproblem hatten und es sich eben nicht um ein gesundes Kleinkind mit normalen Entwicklungschancen handelt. Auch Andels Sohn hat mit psychischen Störungen zu kämpfen.

Allerdings hat die Adoptivmutter auch Verständnis für Frauen, die den Weg der Privatadoption gehen und die offiziellen Eignungsfeststellungen meiden. „Die Frauen haben sowieso schon Schuldgefühle wegen ihrer Kinderlosigkeit, die wollen von den Behörden dann nicht auch noch seelisch auseinander genommen werden.“ Auch Wartezeiten von mehreren Jahren bei den „offiziellen Adoptionen“ schreckten viele BewerberInnen ab.