: Schluss mit dem Spaßbadwahn
VON KAI SCHÖNEBERG
Tumultartige Szenen an der Kasse im Spreewaldbad: Dass eine Elferkarte jetzt 75 Euro kosten soll, können viele Schwimmer schlicht nicht fassen – 30 Euro mehr als vergangenes Jahr! Bis Mai 2013 hatte die Zehnerkarte noch 36 Euro gekostet. Fast doppelt so teurer, null Verbesserung? Vielschwimmer, die schnell ihre Bahnen ziehen, aber nicht unbedingt Wellness und Wellen brauchen, sind am Spreewaldplatz nicht mehr erwünscht, ähnlich in den beiden anderen „freizeitorientierten Bädern“ in Schöneberg und Lankwitz. Und ein Standardticket kostet jetzt 5,50 Euro. Das ist so viel wie in Hamburg, in München sind es 4,30 Euro. Allerdings ist die Bevölkerungsstruktur dort anders.
2,2 Millionen Euro im Jahr will Bäderchef Hensing mit seinem neuen Planschkonzept zusätzlich erlösen. Könnte schwer werden. Die Stammkunden sind auf der Zinne: Unterschriftenaktionen von Rentnern, Proteste von Öfterschwimmern, die sich das 600 Euro teure Jahresabo für die „unattraktivsten Bäder Europas“ (Hensing) nicht leisten wollen.
Ja, die 63 kommunalen Schwimmbäder kosten den Steuerzahler jährlich 50 Millionen Euro Zuschüsse, bei Einnahmen von gerade mal 15 Millionen. Ja, der Sanierungsstau ist enorm. Aber Hensings Familienplanscherei ist Murks. Er vergrätzt die Dauerschwimmer, die noch in die vielfach maroden Bäder kommen, ohne neue anzulocken. Berlin ist nicht Tropical Islands, Berlin braucht auch kein Bäderkonzept à la Tropical Islands, wo Hensing vorher gearbeitet hat. Berlin braucht Investitionen – und einen neuen Bäderchef, der dem Spaßbadewahnsinn endlich ein Ende bereitet.