: „Ein Schwimmverein braucht Wasserflächen“
Dass Berlin seine Schwimmbäder bald nicht mehr finanzieren kann, ist denkbar. Nicht denkbar: dass Schwimmvereine ohne Schwimmbäder noch Schwimmvereine sind. Die „Berliner Wasserratten“ versuchen, das Beste draus zu machen
taz: Herr Kersten, Ihr Schwimmverein, die Berliner Wasserratten, hat drei Strandbäder gepachtet. Warum haben Sie ein solches Risiko auf sich genommen?
Dietmar Kersten: Wir haben erfahren, dass es Schwierigkeiten gibt, das Strandbad Plötzensee zu betreiben. Da unser Verein auf dem Plötzenseegelände seit mehr als 50 Jahren ein Vereinsgrundstück hat, ist es in unserem Interesse, dass das Bad zugänglich ist.
Das erklärt kaum, warum sich ein Schwimmverein in so ein Geschäft stürzt.
Die wirtschaftliche Situation Berlins ist schlecht. Wir gehen davon aus, dass die Stadt nicht alle Schwimmbäder halten kann und es notwendig wird, dass Schwimmvereine Bäder betreiben. Wir brauchen ja Wasserflächen, um unsere Vereinsziele einhalten zu können. Im Gegensatz zu rein kommerziellen Anbietern gehen wir nicht mit dem Fokus ran, da nur Profit rauszuziehen. Das kann weder in unserem Sinn als Schwimmverein sein noch in dem der Berliner Bevölkerung.
Eigentlich sind Schwimmbäder aber doch Sache der öffentlichen Hand?
Es gibt keine Garantie dafür, dass die öffentliche Hand dies mit ihren Mitteln immer ermöglichen kann. Schwimmvereine stehen langfristig vor der Entscheidung, Bäder selbst zu betreiben oder Wasserflächen bei kommerziellen Anbietern anzumieten. Schaut ein Anbieter aber nur noch auf den Profit, wird das für uns Schwimmvereine vermutlich sehr teuer.
Sie argumentieren in Ihrer Vereinszeitung, dass Vereine ein sozial orientiertes Interesse und nicht nur ein gewinnorientiertes haben. Wie macht wird sich das bei der Betreibung von Strandbädern bemerkbar?
Wir sind gemeinnützig. Wir müssen Erlöse, die erwirtschaftet werden, den gemeinnützigen Zwecken zuführen, die in der Satzung beschrieben sind, sei es die Ausbildung der Schwimmer oder der Leistungssport. Auch die Erhaltung solcher Sportstätten ist mit unseren Vereinszielen vereinbar. Wir sind ein über hundert Jahre alter Verein mit 800 Mitgliedern, deshalb haben wir ein Urinteresse daran, dass die Bäder in unserem Einzugsgebiet nicht verfallen.
Sozial orientiert – heißt das auch, dass Arbeiten, die anfallen, ehrenamtlich bewältigt werden?
Selbstverständlich. Aber die Schwimmmeister und Rettungsschwimmer, die wir angestellt haben, sind natürlich Profis mit professioneller Bezahlung.
Was wird ehrenamtlich geleistet?
Es besteht natürlich eine Verflechtung zwischen dem Verein und dem Ort. Wir können Sportprogramme initiieren. Wir planen etwa im September eine Plötz-Olympics mit Sportveranstaltungen zum Abschluss der Saison.
Sie haben die Tarife der Berliner Bäderbetriebe übernommen. Dazu sind Sie nicht verpflichtet. Warum haben Sie es trotzdem gemacht?
Wir haben jetzt nur einen Jahresvertrag für die Bäder bekommen. Da können wir noch nicht langfristig planen. Wir können nur gucken, ob wir so eine Aufgabe wie die Betreibung eines Bades überhaupt bewältigen können. Wenn man so ein Bad nur ein Jahr lang übernimmt, macht es Sinn, sich der Tarifstruktur anzupassen, weil man ja noch gar keine dauerhafte Alternative dazu aufbauen kann.
Und wie läuft das Geschäft bisher?
Natürlich haben wir Glück, dass das Wetter spitze ist. Wir haben aber auch die Fußballweltmeisterschaft. Da spürt man, dass die Leute nach vier Uhr eben doch wegbleiben.INTERVIEW: WALTRAUD SCHWAB