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Archiv-Artikel

Aus für Atommann Gerald Hennenhöfer

STROM Der umstrittene Abteilungsleiter für Nuklearsicherheit muss das Umweltministerium verlassen

BERLIN taz | Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat den für die deutsche Atomsicherheit zuständigen Abteilungsleiter Gerald Hennenhöfer entlassen. Eine Begründung für die Abberufung lieferte die SPD-Politikerin zunächst nicht, auch ein Nachfolger steht noch nicht fest.

Der gelernte Jurist Hennenhöfer gilt einerseits als ausgewiesener Fachmann für Atomfragen. Andererseits aber steht er wegen seiner mehrfachen Seitenwechsels zwischen Atomaufsicht und Atomwirtschaft wie kaum ein anderer für das „Prinzip Drehtür“ und den Atomfilz – also die Verflechtung der Nuklearwirtschaft mit Teilen von Verwaltung und Politik. „Chefverwalter der deutschen Atomlobby in zwei schwarz-gelben Bundesregierungen“ nannte ihn 2012 die SPD-Umweltexpertin Ute Vogt. Tausende Atomkraftgegner unterschrieben im selben Jahr eine Online-Petition gegen Hennenhöfer.

Ins Ministerium geholt wurde Hennenhöfer 2009 von Norbert Röttgen (CDU). Erneut, denn Hennenhöfer hatte die Abteilung, die unter anderem für die Durchsetzung sicherheitstechnischer Standards der Reaktoren und Entsorgungsfragen zuständig ist, bereits zwischen 1994 und 1998 unter der damaligen Umweltministerin Angela Merkel (CDU) geleitet, bevor er von deren Nachfolger Jürgen Trittin (Grüne) geschasst wurde. In Erinnerung ist aus dieser Zeit etwa Hennenhöfers Anweisung an Hessen, das pannengeschüttelte Atomkraftwerk Biblis trotz Bedenken der Landesregierung am Netz zu lassen.

Als 2010 ein Riss in einer Leitung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld entdeckt wurde, ließ Hennenhöfer den Reaktor drei Monate bis zur Revision weiterlaufen. Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sylvia Kotting-Uhl, sprach damals von einem „historischen Tabubruch der deutschen Atomaufsicht“.

Jetzt nennt sie Hennenhöfers Entlassung eine „richtige Entscheidung“. REIMAR PAUL