: Das Las Vegas von Friesland
Im Wangerland nördlich von Jever baut der niederländische Investor Hennie van der Most einen großen Freizeitpark. Nach dem Wegzug der Bundeswehr erhofft sich die Gemeinde davon neue Arbeitsplätze und ganzjährige Touristenströme nach Friesland
von Gernot Knödler
Friesland hat zwei Nachteile: raues Wetter und ein Meer, das periodisch verschwindet. Doch zumindest dem zweiten Problem wird jetzt abgeholfen: Der Landkreis hat begonnen, bei Hohenkirchen einen riesigen See anzulegen, an dessen Ufer ein Vergnügungsdorf für Familien entsteht. Karussels, Hüpfburgen und Sandkisten, Minigolf und Bowling – alles will der niederländische Unternehmer Hennie van der Most in den riesigen Hallen einer ehemaligen Kaserne anbieten. Ins Gelände wird vom See her eine Gracht zu den Hotels führen. In der ebenfalls stillgelegten Nachbarkaserne sollen Renn- und Crossparcours für Jedermann gebaut werden. Gebucht wird alles inklusive: Unterkunft, Verpflegung, Getränke und Unterhaltungsangebot. Die eingesessenen Betriebe hoffen von den zusätzlichen Gästen profitieren zu können.
Das Projekt verbindet die Lösungen unterschiedlicher Probleme zu einem Konzept: Der See, der durch den Abbau von Klei für den Deichbau ensteht, erhält einen Sinn. Die verlassenen Kasernen werden genutzt, und der Kaufkraftverlust, den das Wangerland durch den Abzug der Bundeswehr erlitten hat, wird wenigstens teilweise ausgeglichen. 150 Arbeitsplätze will van der Most schaffen. Dazu kommen Aufträge für ortsansässige Betriebe. Die Bundeswehr hatte zuletzt 540 Soldaten und 60 Zivilangestellte am Standort.
Statt Bundeswehr Las Vegas in Friesland? – „Ein bisschen vielleicht“, sagt Heiner Meiners, van der Mosts Repräsentant in Deutschland, „aber Las Vegas für Europa.“ Eine Kunstwelt, die keinen Glamour und keine Kasinos bietet, sondern Spiel und Spaß für Familien. Im Kern besteht das Projekt aus einem wetterunabhängigen Ganzjahresbetrieb mit Pauschalpreisen. „Der normale Arbeitnehmer muss mit seiner Familie Urlaub machen können bei uns“, sagt Meiners.
Van der Most hat Erfahrung mit künstlichen Freizeitwelten. 1995 kaufte er den niemals in Betrieb gegangenen schnellen Brüter in Kalkar und baute ihn zum „Wunderland Kalkar“ um. Mehr als 550.000 Besucher sollen 2003 auf dem ehemaligen Kraftwerksgelände gefeiert, gespielt und getagt haben. Weitere Freizeitparks betreibt er in Holland.
„Wir haben alle seine Einrichtungen gesehen, bevor wir hier die Planung in Gang gesetzt haben“, sagt Reinhard Thomssen, Geschäftsführer der Wangerland Touristik. „Was er bisher gemacht hat, läuft alles gut.“ Im Grunde setze van der Most jetzt im Wangerland etwas um, was in den Feriendörfern der Türkei, Griechenlands und Spaniens schon lange gemacht werde. In Norddeutschland wäre das Projekt einmalig.
Thomssen erwartet, dass das eingesessene Gastgewerbe von der neuen Freizeitwelt profitieren wird. „Es ist nicht so ein Center Parc-Projekt, bei dem sie die Leute nur in der Anlage halten“, sagt er. „Wir werden zusätzliche Angebote für unsere Gäste in der Region schaffen“, so Meiners. Eine Busfahrt ans Meer oder zum Überseemuseum in Wilhelmshaven könnten das Programm abrunden.
Meiners spricht zwar von einer Marktlücke. Zugleich ist ihm allerdings klar, dass er kräftig die Werbetrommel rühren muss. „Wir müssen zusammen mit dem Tourismusverband bekannt machen, dass die Region wetterunabhängig attraktiv ist“, sagt er. Schließlich investiert van der Most 15 Millionen Euro in die Umgestaltung der beiden ehemaligen Kasernen. 200 Hotelzimmer mit knapp 400 Betten in der Kategorie drei Sterne plus will er bauen, dazu kommen neue Hallen und die Rennstrecke.
Auch die Gemeinde Hohenkirchen macht sich hübsch. Sie saniert ihren Ortskern und plant den abschnittsweise entstehenden Freizeitsee mit Badestellen und Bootsliegeplätzen. Es sei auch geplant, Wohnbauland am See auszuweisen, sagt Michael Freitag, Stadtplaner bei der Gemeinde. Für den Umbau der Kasernen würden gerade die Bebauungspläne aufgestellt. Einwände dagegen gebe es kaum. „Wir hatten kürzlich eine Bürgerversammlung“, sagt Freitag. „Die war sehr dünn besucht.“