: Israel lehnt Waffenstillstand ab
Premierminister Ehud Olmert beharrt auf der bedingungslosen Freilassung eines verschleppten israelischen Soldaten. Der Einmarsch in den Gaza-Streifen wird auch in Israel zunehmend kritisiert, ein Ende der Militäroperation ist aber nicht abzusehen
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Die israelische Pufferzone im nördlichen Gaza-Streifen erweist sich als sinnlos zur Eindämmung des Raketenbeschusses. Erst gestern Morgen trug ein Israeli Verletzungen davon, nachdem die Stadt Sderot erneut mit Kassam-Raketen angegriffen worden war. Dessen ungeachtet befürwortete die Regierung in Jerusalem nahezu einstimmig eine Fortsetzung der Invasion. Ein Waffenstillstand, wie ihn der palästinensische Premierminister Ismail Hanijeh am Wochenende vorschlug, käme erst nach einer Befreiung von Gilad Schalit in Frage. Der 19-jährige israelische Gefreite war vor zwei Wochen in die Hände von Hamas-Extremisten gefallen.
„Ohne Informationen über das Schicksal Gilad Schalits macht ein Waffenstillstand keinen Sinn“, erklärte auch die als moderat geltende Erziehungsministerin Juli Tamir von der Arbeitspartei. Die Operation der Armee werde so lange andauern, bis die Bedrohung für die Bürger im Süden Israels der Vergangenheit angehöre.
Wenige Tage nach der Entführung Schalits zog die Armee zunächst in den südlichen Gaza-Streifen ein, wo die Geisel vermutet wird. In der letzten Woche wurden zusätzlich Bodentruppen in einer zwölf Kilometer breiten Pufferzone im Norden stationiert. Die Militäroperation, die Israel weder bei der Suche nach dem entführten Soldaten noch dem Ziel, den Raketenbeschuss einzudämmen, vorangebracht hat, ist unter Politikern wie in den Medien zunehmend umstritten. Das auflagenstärkste Blatt Jediot Achronot schrieb kritisch, Israel „verpasst keine Gelegenheit, um die Befreiung Gilads zu verhindern“. Awschalom Wilan, Abgeordneter der linken Meretz, will die „politische Logik hinter der Operation“ nicht verstehen. „In ein paar Tagen oder Wochen ziehen die Truppen wieder ab, und dann werden auch wieder Raketen fliegen“, meint der Parlamentarier.
Die Minister selbst reagieren zunehmend defensiv. „Wir können nicht alle zwei Stunden nach den Errungenschaften einer Operation fragen“, meinte Tourismusminister Jitzhak Herzog und rief dazu auf, „Regierung und Armee handeln zu lassen“. Premierminister Ehud Olmert sprach unterdessen von „einem Krieg, für den man keinen genauen Zeitplan festlegen kann“. Olmert lehnt sowohl Verhandlungen über einen eventuellen Geiselaustausch ab, als auch das palästinensische Angebot zu einem Waffenstillstand, um die Krise auf diplomatischem Weg zu lösen.
Informationen ägyptischer Vermittler in der Geiselaffäre zufolge, sei das Waffenstillstandsangebot, hinter dem der in Damaskus ansässige Hamas-Chef Khaled Mash’al stünde, ernst zu nehmen. Die Vermittler kritisierten die israelische Operation im Gaza-Streifen, die ihre Mission und die Bemühungen um eine Befreiung der Geisel zusätzlich erschwere. Olmert fordert die bedingungslose Freigabe Schalits sowie die Einstellung des Raketenbeschusses, dann werde er die im Gaza-Streifen stationierten Truppen wieder abziehen lassen.
Die Meinungen über einen Geiselhandel gehen in der israelischen Führung auseinander. Während der Verteidigungsminister und die Armee für die Freigabe palästinensischer Häftlinge zu einem späteren Zeitpunkt eintreten, will Olmert offiziell noch immer nichts von einem auch von den Eltern des Entführten immer dringender geforderten Austausch hören.