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Archiv-Artikel

„Der Videobeweis ist problematisch“

Fernsehbilder und Chips: DFB-Schiedsrichterlehrwart Eugen Strigel über moderne Technik auf dem Fußballplatz

taz: Herr Strigel, haben die Offiziellen bei Zidanes Tätlichkeit im WM-Endspiel auf den ersten Videobeweis in der Fifa-Geschichte zurückgegriffen?

Eugen Strigel: Ich habe mit Leuten gesprochen, die im Stadion waren. Offenbar hat der vierte Offizielle die Tätlichkeit mit eigenen Augen gesehen und den Schiedsrichter informiert. Das ist durch die Regeln abgesichert. Wäre es hingegen ein Videobeweis gewesen – was möglich wäre, denn es stehen ja viele Monitore am Spielfeldrand – wäre dies durch die derzeitigen Fifa-Regeln nicht abgedeckt.

Wäre es sinnvoll, den Videobeweis einzuführen?

Vielleicht haben wir ihn in zehn Jahren, wer weiß. Aber der Videobeweis ist problematisch: Man könnte ihn nicht in allen Klassen einsetzen. Es gibt Ligen mit und ohne Fernsehübertragung, wir würden mit unterschiedlichen Regeln spielen. Ein weiteres Problem ist, dass der Videobeweis den Spielfluss unterbrechen kann. Bei Zidanes Tätlichkeit war das Spiel eh unterbrochen. Anders bei dem Elfmeter von Zidane: Der Ball prallt an die Latte und springt knapp hinter die Linie. Angenommen der Schiedsrichter hätte das Tor nicht gegeben, die Italiener erkämpfen sich den Ball und laufen einen Konter – und jetzt unterbrechen die Unparteiischen das Spiel. Wenn sie dann nach Videostudie entscheiden würden, dass der Ball nicht hinter der Linie war, hätten sie der italienischen Mannschaft eine klare Torchance genommen. Oder bei brenzligen Situationen im Strafraum: Bilden wir ein Gremium von zehn Leuten, die am Spielfeldrand entscheiden, ob es Elfmeter geben soll? Da gibt es noch viele Fragezeichen.

Aber nach dem Spiel ist der Videobeweis zulässig?

Ja, bei extrem sportwidrigem Verhalten darf man im Nachhinein zur Urteilsfindung Fernsehbilder herbeiziehen. Aber auf das Spiel hat es keine Auswirkung. Lediglich das Fehlverhalten eines Spielers wird geahndet, wie im Fall Frings.

Es kommt also vermutlich eher der Chip im Ball als der Videobeweis?

Den Chip im Ball wollen wir auf jeden Fall. Hierbei soll man klar erkennen können, ob der Ball die Torlinie überschritten hat oder nicht. Der Chip gibt dem Schiedsrichter während des Spiels ein Signal, das Spiel muss nicht unterbrochen werden. Allerdings funktioniert der Chip zurzeit leider noch nicht richtig. Ein U17-Spiel, in dem der Chip getestet wurde, ging 2:0 aus – dem Schiedsrichter wurden vom Chip jedoch sieben Tore angezeigt.

INTERVIEW: JUTTA HEESS