: Forschertreffen hat begonnen
KONGRESS Nie zuvor kamen so viele Weltraumforscher zusammen, wie in diesen Tagen in Bremen. Proteste gab es, weil die Rüstungsindustrie dabei mitmischt
Mit Rekorden und Protesten begann der größte Weltraumforscherkongress der Welt am Montag in Bremen. Über 3.600 Wissenschaftler folgten der Einladung des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) und des Comittee on Space Research (COSPAR) – mehr als je zuvor in der 52-jährigen Geschichte des Verbandes. Am Abend versammelten sich Kriegsgegner und antirassistische Initiativen zu einer Agit-Prop Aktion auf der Bürgerweide, um gegen die militärische Nutzung der Raumfahrtforschung zu protestieren.
„Wir verstehen heute erst rund fünf Prozent des Universums“, sagte Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, das den Kongress maßgeblich unterstützt. „Da ist noch viel zu entdecken.“ Die Menschen sollten sich nicht nur auf die unmittelbare Nutzanwendung fokussieren, sondern Raum für Visionen lassen. „Ich bin sicher, dass wir dann Antworten auf Fragen finden, die noch gar nicht gestellt worden sind“, sagte Wörner.
Dennoch geht es bei dem Kongress aber auch um Fragen, die durchaus bereits gestellt sind – etwa die nach dem Klimawandel. Wie es um den aktuell bestellt ist, beschrieb der US-amerikanische Physiker Berrien Moore am Montag in einem der Auftaktforen. Demnach war im Juni 2010 insgesamt 40 Prozent mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre als vor der Industrialisierung. Um das Klima zu stabilisieren, müssten klimaschädliche Emissionen um 80 Prozent reduziert werden, sagte Moore. Die Messung klimarelevanter Gase müsse dringend verbessert werden.
Weiterhin drehen sich die bis Sonntag geplanten 4.500 Vorträgen und Präsentationen um den aktuellen Wissensstand über Mond, Mars und Planeten außerhalb unseres Sonnensystems und die Frage nach anderen Lebewesen im Universum.
Begleitet wurde der Kongressauftakt durch eine Protestaktion. Verkleidet als militärische Parade, angeführt von einem verkleideten General und begleitet von einer Blaskapelle zogen Demonstranten am Abend vom Bahnhof zur Bremen Arena. Dort wollten sich die Militärs „bei den Wissenschaftlern für die gute Zusammenarbeit bedanken“, sagte eine Sprecherin der Protestler. Auf Postkarten, die an die Kongressteilnehmer verteilt werden sollten, stand „Eure Forschung – Unser Krieg“. Es sei klar, dass es „nicht nur um harmlose Raumfahrtforschung geht, wenn Rüstungsfirmen wie EADS und OHB einen solchen Kongress sponsern.“ So benutze etwa die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX die hochauflösenden Bilder der OHB-Satelliten für die militärische Abriegelung der EU-Außengrenzen. Gleiches gelte für das von OHB entwickelte Aufklärungssystem „SAR-Lupe“, das die Bundeswehr in die Lage versetzt, im Alleingang militärische Angriffe vorzubereiten. apn/taz