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Archiv-Artikel

Party für mehr Homo-Rechte

Der Regenbogenfonds veranstaltet zum 14. Mal das schwul-lesbische Stadtfest am Nollendorfplatz in Schöneberg. Die Organisatoren erwarten in diesem Jahr rund 350.000 BesucherInnen

von SEBASTIAN LEHMANN

Zum größten schwul-lesbischen Stadtfest in Europa rund um den Nollendorfplatz in Schöneberg werden am Wochenende wieder 350.000 Gäste erwartet. Zum 14. Mal präsentieren sich auf der Motz-, Eisenacher-, Fugger- und Kalckreuthstraße schwul-lesbische Projekte und feiern gleichzeitig ein buntes Fest unter dem Motto „Gleiche Rechte für Ungleiche“. Noch immer wird auf die politische Dimension des Festes geachtet. „Die Grundmotivation ist nach wie vor eine rein politische“, so der Sprecher der Organisatoren vom Regenbogenfonds, Gerhard Hoffmann. Das Stadtfest ist der Auftakt für die Pride Week, die mit der großen Christopher-Street-Day-Parade am 22. Juli endet.

„Es geht darum, die Leute mit uns vertraut zu machen“, sagt der 60-jährige Hoffmann, der sich schon seit 35 Jahren in der homosexuellen Szene engagiert. Gerade den großen Erfolg des Festes könne man politisch nutzen und die verschiedenen Projekte und Anliegen von Homosexuellen der Bevölkerung vorstellen. Dafür wurden sechs „Stadtfest-Welten“ gegründet, die unter anderem auch politische Themen präsentieren. Berlin sei zwar traditionell eine liberale Stadt und „natürlich ist hier ein leichteres Pflaster als etwa Warschau“, aber Probleme, was Gleichberechtigung angehe, gebe es immer noch genug, so Hoffmann.

Der Fokus des Protestes hat sich seit den Anfangsjahren des Stadtfestes dennoch verändert. Die Forderungen werden breiter gefasst. Es gehe nicht mehr nur um die Rechte von Schwulen und Lesben, auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau, etwa im Berufsleben, sei noch lange nicht gesichert, sagt Hoffmann. Auch Migranten seien in Deutschland nicht gleichberechtigt. Das alles wolle man auf dem Stadtfest thematisieren.

Gerhard Hoffmann steht dabei selbst an vorderster Front. Bei seiner Promi-Talk-Runde „Das wilde Sofa“, an beiden Festivaltagen jeweils um 15 Uhr auf der Hauptbühne an der Ecke Eisenacher- und Fuggerstraße, sind vor allem Politiker zu Gast. Dieses Jahr werden am Samstag die Spitzenkandidaten zur Abgeordnetenhauswahl von der CDU, Friedbert Pflüger, von den Grünen, Franziska Eichstädt-Bohlig und der WASG, Lucy Redler erwartet. Am Sonntag befragt Hoffmann unter anderen Renate Künast von den Grünen. Dabei gehe es ihm besonders um die politische Diskussion, so der Moderator, auch wenn er die Talkshow eher witzig präsentiere. Oft würden die Politiker gar nicht so genau Bescheid wissen, was homosexuelle Themen betreffe, deswegen lade er auch immer Überraschungsgäste ein, die den Politikern etwas Nachhilfe in Sachen Schwulenrechte geben.

Auch künstlerisch setzt sich Hoffmann mit den Problemen der Gleichberechtigung auseinander. Auf dem Stadtfest hat er 50 riesige „Integrationsschirme“ verteilt, die die Forderung nach einer Demokratie der Geschlechter symbolisieren sollen.

Die Entstehung des Stadtfestes geht auf eine politische Diskussion zurück. Als Antigewaltarbeit entstanden, wurde es schnell zu dem großen Straßenfest, das es heute ist. Und natürlich geht es nicht nur um Politik an den zwei Tagen, der Spaß steht im Vordergrund. Auf den verschiedenen Bühnen wird ganz unpolitisch getanzt und gesungen. Aber auch das vermeintlich Private kann gesellschaftlich relevant werden. Hoffmann: „Sexualität ist höchst politisch.“