: Gute Niere, schlechte Niere
Krimi mit Daily-Soap-Einlage: „Die Pathologin“ scheitert an ihrer Unentschlossenheit (20.15 Uhr, ProSieben)
Kleines Quiz. Welche Sendung ist das: Ein junges Mädchen sitzt am offenen Fenster und weint, im Hintergrund schimmert die Berliner Nacht und der Fernsehturm blinkt vor sich hin. – „Verliebt in Berlin“? – Falsch.
Nächster Versuch: Eine junge Frau irrt durch ein düsteres Klinikum, entdeckt geheime Menschenversuche und wird daraufhin von irren Ärzten gejagt. „Anatomie“? – Wieder falsch. Beide Szenen sind aus dem ProSieben-Film „Die Pathologin – Im Namen der Toten“. Aber immerhin wissen Sie jetzt, wie der entstanden ist.
Es ist ja in Ordnung, wenn sich Fernsehproduzenten bei guten Ideen von Kollegen bedienen, sofern sie zumindest den Anspruch haben, eine eigene Geschichte daraus zu entwickeln. Daran hat bei diesem Film leider niemand Zeit verschwendet: Die Medizinstudentin Leonie (Maria Simon) gibt ihr Praktikum beim angesehenen Dr. Wagner auf und meldet sich bei der launischen Pathologin Dr. Volkmann an, um ihren Exfreund mit obduzieren zu können, der vorher unter zweifelhaften Umständen aus dem Leben schied. Selbstmord, sagt die ignorante Polizei. Mord, behauptet Leonie. Und entdeckt bei ihren Nachforschungen, dass Dr. Wagner zweifelhafte Transplantationen durchführt.
Das ist alles sehr, sehr unglaubwürdig, aber Gleiches traf auch auf „Anatomie“ zu, dem Film, bei dem Franka Potente vor sechs Jahren zusätzlich vor blutrünstigen Geheimbünden flüchten musste. Nur war „Anatomie“ stringent als Studentenschocker erzählt. „Die Pathologin“ tut sich da schwerer, weil die Macher einen Krimi produzieren wollten, aber offenbar die Vorgabe hatten, zwischendurch alles auf Daily Soap zu drehen.
Deshalb wohnt Leonie in einer „Berlin, Berlin“-WG mit dem schüchternen Constantin, der in sie verliebt ist, aber eifersüchtig auf Max, den Exfreund, der auch eingezogen ist, aber dann ja ermordet wird, und dann taucht auch noch die Kommissarin Johanna auf, die aus demselben Dorf wie Leonie stammt und – tief Luft holen – ihr eröffnet, dass sie sie noch heute nicht richtig ausstehen kann, weil sie ihr in der Schule mal fast den Freund weggeschnappt hat.
Zwischendurch darf man eine umfassend bebilderte Nierenentnahme genießen und eine Verfolgungsjagd in grün ausgeleuchteten Kellern, bis zum Schluss alle zusammen auf der Dachterrasse sitzen, grillen und sich gut verstehen. Vielleicht gehört „Die Pathologin“ nicht zu den schlimmsten Donnerstagsverbrechen, die ProSieben in seinem sonst eher auf Romantic Comedys ausgerichteten Eigenproduktionsrausch anzulasten sind. Aber es hätte schon sehr geholfen, wenn sich vorher einer gefragt hätte: Was für einem Film wollen wir da eigentlich machen? PEER SCHADER