Neues aus der Kaderschmiede

UNI In einem neuen Imagefilm präsentiert sich die Universität Bremen als forschungsstark und geschichtsbewusst. Studierende kommen darin allerdings nicht zu Wort

Dass das Studium Spaß mache, sagt statt der Betroffenen der Rektor. Er „glaubt“ es jedenfalls

Uni-Rektor Bernd Scholz-Reiter gibt den Takt vor: „Interdisziplinär, forschungsorientiert, kooperativ, flache Hierarchien“. So eröffnet er den elfminütigen Imagefilm, der seit Mitte Januar auf Youtube zu sehen ist. Während diese Vorzüge in Dauerschleife gepriesen werden, sind Aufnahmen der Uni-Gebäude zu sehen, über denen Wolken rasen – oder Studierende, die in Slowmotion über den Campus flanieren. Zwischen den thematischen Blöcken einfache Animationen: gekritzelte Skizzen der Uni, die sauber in Videoaufnahmen überblenden.

Das alles ist professionell gemacht und entbehrt jener Fremdscham-Momente, für die Lokalwerbeblöcke berüchtigt sind. Hier bleiben die Profis unter sich: StudentInnen sind nicht zu hören. Sie sind werkelnde Kulisse in Labors, neben Robotern oder in Simulatoren – eine Freude für die umschmeichelten Drittmittelgeber aus Privatwirtschaft und Pentagon.

Dass das Studium Spaß mache, sagt statt der Betroffenen der Rektor. Er „glaubt“ es jedenfalls. Hier ist das lustig, in anderen Momenten eher unangenehm. Während Konrektorin Yasemin Karakasoglu korrekt darauf hinweist, dass ausländische Studierende als „Individuen“ und nicht als „Repräsentanten einer Kultur“ zu verstehen seien, passiert im Bild das Gegenteil: Einen kurzen Moment lang ist eine junge Frau mit Kopftuch zu sehen, dann hetzt der Schnitt weiter durch die TeilnehmerInnen einer Veranstaltung für internationale Studierende.

Solche Patzer stören die Imageproduktion der Uni nicht weiter. Sie präsentiert sich als Forschungseinrichtung auf Höhe der Zeit, exzellent noch dazu. Dafür hat sie lange gekämpft. Vorbei ist die Zeit der „roten Kaderschmiede“, als Bremer AbsolventInnen in der Wirtschaft mit der Kneifzange nicht angefasst wurden und so lange her, dass man wieder darüber reden kann: Heidi Schelhowe, Konrektorin für Lehre und Studium, berichtet, wie das Projektstudium der wilden Jahre heute wieder „deutlicher ins Zentrum gerückt“ werde. Ohne übergeordneten gesellschaftskritischen Anspruch ist die Methode freilich längst überall durchgesetzt. Theorie mit Praxis zu verbinden, hält niemand mehr für sozialistische Umtriebe. Soziale Verantwortung ist heute „Soft Skill“, und wer dazu noch ein bisschen Wut aufbringt, wird schnell zum Standortfaktor.

Gegen Ende des Films ist kurz ein einsames Transparent irgendeiner politischen Gruppe zu sehen: „Es gibt nichts zu feiern“, steht da. So wirbt die Uni für die progressive Atmosphäre an der exzellenten Kaderschmiede.  JAN-PAUL KOOPMANN