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Archiv-Artikel

Recht für Darkazanli

Generalbundesanwältin: Hamburger war nicht in Al-Qaida-Terror eingebunden. Vorgänger Nehm bestätigt

FREIBURG taz ■ Aus deutscher Sicht war der Hamburger Kaufmann Mamoun Darkazanli kein Terrorist. Generalbundesanwältin Monika Harms hat gestern ein langjähriges Ermittlungsverfahren gegen Darkazanli eingestellt. Die Auslieferung nach Spanien droht ihm dennoch.

Darkazanli, der seit über 20 Jahren mit seiner deutschen Ehefrau in Hamburg lebt, war zwar als Kaufmann vielfältig in die unternehmerischen Geschäfte von Al-Qaida-Kadern involviert. So hatte Darkazanli 1993 für Ussama Bin Laden das Küstenmotorschiff „Jennifer“ gekauft. Dieser setzte das Schiff für Frachttransporte ein, um damit Einnahmen zu erzielen. Allerdings sei nicht davon auszugehen, dass Darkazanli bewusst an der Verwirklichung terroristischer Ziele mitgewirkt habe, so Harms.

Darkazanli kannte auch die Hamburger Attentäter vom 11. 9. 2001 und war mit dem spanischen Al-Qaida-Führer Barakat Yarkas (Abu Dahdah) befreundet. Eine Einbindung in deren terroristische Aktivitäten konnte Harms jedoch nicht feststellen.

Die gestrige Nachricht dürfte nicht nur bei Darkazanli Genugtuung ausgelöst haben, sondern auch bei Harms Vorgänger Kay Nehm. Denn Nehm hatte vor den Anschlägen von 2001 zweimal Ermittlungen gegen Darkazanli mangels Tatverdacht abgelehnt. Nach den Anschlägen geriet er deshalb unter massiven Druck. Schnell wurde dann doch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Wie dieses jetzt abschließend ergab, hätten die Anschläge auch bei einem früheren staatlichen Eingreifen nicht verhindert werden können.

Für Darkazanli ist die Welt damit aber nicht in Ordnung. Seit Jahren liegt ein spanisches Auslieferungsersuchen vor. In Madrid soll ihm der Prozess wegen Einbindung in die dortige Al-Qaida-Zelle gemacht werden. Zunächst scheiterte die Auslieferung, weil Darkazanli mit einer Verfassungsbeschwerde das deutsche Gesetz über den Europäischen Haftbefehl zu Fall brachte, da es deutsche Staatsbürger nicht genug schütze. Ende Juni hat der Bundestag ein novelliertes Gesetz beschlossen. Jetzt kann wieder ausgeliefert werden.

Darkazanlis Anwalt Michael Rosenthal will erreichen, dass das Oberlandesgericht Hamburg die Auslieferung für unzulässig erklärt. Die Spanier hätten kaum konkrete Vorwürfe vorgelegt. Andernfalls will der Anwalt wieder zum Bundesverfassungsgericht gehen. CHRISTIAN RATH