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Archiv-Artikel

Tierschutz auch in Mottenkiste

In Secondhand-Läden ist Vorsicht geboten, denn Ozelot bleibt Ozelot, sagt das Bremer Amtsgericht. Da nützen auch die feinen Unterschiede zwischen „Felis pardalis“ und „Leopardus pardalis“ nichts

von Eiken Bruhn

„Das Fell der Ozelots ist mit schwarzen, ring- bis rosettenartigen Flecken bedeckt, welche streifenförmig angeordnet sind“, liest Amtsrichter Bernd Teuchert vor. Und: „Das Innere der Flecken ist etwas dunkler als die Grundfarbe des Fells. Am Hals und an den Schultern gehen die Flecken in Streifen, an den Beinen in Punkte über.“ Teuchert hebt den Kopf, guckt in die kleine Runde aus Staatsanwältin, Verteidiger, Angeklagte und Protokollführer, einer Zuschauerin: „Hat das jeder verstanden?“ Eine rhetorische Frage, auf die nicht einmal der Verteidiger, ein älterer Herr mit dicken Brillengläsern, antwortet. Obwohl der wahrscheinlich noch hinzufügen könnte, dass sich oft auch die Anordnung der Flecken der linken und rechten Körperhälfte unterscheiden.

Hätte seine Mandantin all das gewusst – vielleicht hätte Angelika K. ihren Mantel nicht in einem Secondhandshop zum Verkauf angeboten. So aber erkannte ein Polizist, der das Kleidungsstück im Schaufenster sah, dass dieses aus dem Fell einer streng geschützten Raubkatzen-Art gefertigt sein muss und erstattete Anzeige. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz darf man mit Ozelot und Co. nämlich weder handeln noch sie zur Schau stellen – auch dann nicht, wenn es sich nur um das Innenfutter eines Stoffmantels handelt, wie Angelika K.s Rechtsanwalt mehrfach präzisiert.

Ozelot bleibt Ozelot, da spielt es auch keine Rolle, dass die Angeklagte den Mantel vor 30 Jahren von einer „lieben alten Dame“ geschenkt bekam und ihn danach in einer Kiste auf dem Dachboden einmottete, weil er nicht passte. „Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Tier ist, ich trage sonst keine Pelze“, sagt sie aus. Richter Teuchert glaubt ihr das und hätte offenkundig nichts dagegen, das Verfahren einzustellen, doch der Verteidiger möchte auch noch was sagen.

„Felis pardalis“ habe er als lateinische Bezeichnung für den Ozelot – der im Übrigen im Süden der USA heimisch sei – gefunden, führt der Anwalt aus. Der Richter habe sich jedoch auf einen „Leopardus pardalis“ bezogen. Doch der Versuch, hier eine Gesetzeslücke zu enttarnen, läuft ins Leere. Bei dem Mantel hat es sich nach Überzeugung des Gerichts um einen Ozelot gehandelt und der sei geschützt, basta.

„Aber im Gesetz ist immer nur die Rede von Exemplar“, bemängelt der Anwalt und ein Innenfutter sei doch nun wahrlich kein Exemplar. Während die Staatsanwältin angestrengt geradeaus guckt, beginnt der Richter zu kichern. Diejenigen, die den Gesetzestext verfasst hätten, hätten wohl nicht diejenigen im Blick gehabt, die mit ganzen Elefanten handeln, sondern nur mit deren Stoßzähnen, belehrt er den Verteidiger. Teuchert kennt sich aus mit diesen Dingen, schließlich habe er schon Anfang der 80er Jahre solche Fälle auf dem Schreibtisch gehabt, bis er durch die „Verkettung unglücklicher Umstände“ wieder für Naturschutz-Delikte zuständig wurde, wie er fröhlich erzählt.

Deshalb weiß er auch, mit welchen Teilen des Nashorns Handel getrieben wird, nämlich mit dem Horn, klein gemahlen. „Das wird dann von Männern zu sich genommen in der Hoffnung, dass danach bestimmte Aktivitäten besser gelingen.“ Der Richter kichert wieder. Der Staatsanwältin hingegen ist anzusehen, dass sie jetzt gern zum Ende kommen würde, die Angeklagte lächelt lieb und der Verteidiger sinniert laut darüber, ob er sich vielleicht am Vortag strafbar gemacht hat, weil er als Testamentsvollstrecker zwei Pelze verteilt hat – womöglich ebenfalls geschützter Tierarten.

Die Sache wird nicht ausdiskutiert, da der Richter findet, der Anwalt habe jetzt „alles gegeben“ und das Verfahren einstellen will – unter der Auflage, dass Angelika K. ihren Mantel herausrückt. „Dann kann der mich nicht mehr wärmen“, sagt sie etwas traurig und dass sie doch gar nicht gewusst habe, dass sie gegen ein Gesetz verstößt. „Sie hätten sich informieren müssen“, sagt die Staatsanwältin.

Dabei hat Angelika K. noch Glück. Die Inhaberin des Secondhandshops war in einem parallelen Verfahren rechtskräftig zu einem Bußgeld von 1.000 Euro verurteilt worden.