Die Verschwörung von Long Beach

Wird die große Helden-Freundschaft zwischen Baxter und Scott Columbus zerbrechen?

Baxter und Scott Columbus sind den Wahrheit-Lesern bereits bekannt. Mit ihren unglaublichen Abenteuern füllen die beiden Freunde häufig den Wetterkasten, und gern berichten wir über ihre gemeinsamen Heldentaten. Doch gestern erreichte uns ein Report von Scott Columbus, der Anlass zur Beunruhigung gibt. Offenbar geht ein Riss durch die außergewöhnliche Freundschaft unserer Wahrheit-Wetterhelden.

Lange schon hatte ich Baxter nicht mehr gesehen. Das war eigentlich kein Grund zur Sorge, denn wenn zwei Männer so wie Baxter und ich durch eine solch einzigartige Seelenverwandtschaft einander verbunden sind, dann spielt es keine Rolle, ob sie wochen-, monate- oder gar jahrelang keinen Kontakt haben. Die innere Einheit bleibt bestehen.

Das letzte Zusammentreffen von Baxter und mir begab sich an Baxters Geburtstag im April. Ich schenkte ihm eine Kakerlaken-Rennbahn, die ich auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Baxter freute sich darüber wie ein kleiner Junge. Überhaupt hatte er sich in all den Jahren, die seit unserer gemeinsamen Kindergartenzeit vergangen waren, kaum verändert. Damals kämpften wir gemeinsam gegen einen unsichtbaren Gespensterseelöwen, der die niedliche Simone – in die Baxter und ich gleichermaßen verliebt waren – bedrohte. Durch die dramatischen Ereignisse waren wir in Freundschaft zusammengeschweißt worden, und als Simone, nach gewonnener Schlacht gegen den Gespensterseelöwen, dann doch lieber ihren Traubensaft mit dem grobschlächtigen Frank Kersting teilte, da leisteten wir einander den heiligen Schwur, dass niemals eine Frau zwischen uns stehen dürfe, und dass wir ab jetzt Frauen sowieso, nun ja, unpassend finden würden.

Seither waren wir Kameraden gewesen, hatten viele Abenteuer gemeinsam durchstanden, etliche Kämpfe geführt oder auch zuweilen still beieinander gesessen, hatten die Füße im Wasser baumeln lassen und übereinander nachgedacht. Wir waren Verschworene, die miteinander durch dick und dünn gingen und ein absolutes gegenseitiges Vertrauen genossen.

Umso härter traf mich eine Nachricht, die mir von dem mysteriösen Professor J. zugespielt wurde. Professor J. hatte Baxter und mir schon des Öfteren Aufträge erteilt, die uns stets in lebensgefährliche Situationen brachten, aber wir wurden immer fürstlich entlohnt. Aber die Nachricht, die er mir nun durch einen anonymen Boten überbringen ließ, raubte mir den Atem und machte mich fassungslos:

„Long Beach/USA (AP) – Drei der fünf Seelöwen des Meeresaquariums im kalifornischen Long Beach sind innerhalb von 24 Stunden gestorben. Die vierjährige ‚Kona‘ und ihr vier Wochen altes Junges wirkten noch am Samstagnachmittag gesund, eine Stunde später wurden sie leblos aufgefunden. Wiederbelebungsversuche scheiterten. Erst am Freitag war die siebenjährige ‚Roxy‘ an den Folgen einer Narkose gestorben, die ihr wegen einer Notoperation verabreicht worden war. ‚Roxy‘ hatte am Donnerstagabend ein Junges tot zur Welt gebracht.“

Ich ließ meine Gedanken zurückschweifen. Erst vor wenigen Jahren hatten Baxter und ich einen Kampf auf Leben und Tod mit dem teuflischen Direktor eines usbekischen Wanderzirkusses geführt, der mit Hilfe fünfer hypnotisierter Seelöwen die Weltherrschaft an sich reißen wollte. Dieser gefährliche Superverbrecher nannte sich „Der große Frank“. Baxter und ich hatten schnell herausgefunden, dass sich hinter diesem gewieften Tarnnamen kein Geringerer verbarg als unser alter Widersacher aus dem Kindergarten: Frank Kersting. Und auch die niedliche Simone war nicht weit – sie verdingte sich in dem usbekischen Wanderzirkus als Kunstreiterin, war Kerstings hörige Komplizin und hätte Baxters und meine Freundschaft womöglich auf eine harte Probe gestellt, wenn wir sie, also die niedliche Simone, nicht rechtzeitig in das Becken mit saltoschlagenden Piranhas gestoßen hätten. Ein Schicksal, das nur Minuten später auch den „Großen Frank“ ereilte, der noch mit irrem Kichern „Ich werde zurückkehren!“ rief, bevor er ebenfalls den rasiermesserscharfen Horrorzähnen der gierigen Zirkus-Piranhas zum Opfer fiel. Niemand würde den Sturz in ein Piranha-Becken überleben können, dessen waren Baxter und ich uns damals sicher gewesen.

Die fünf hypnotisierten Seelöwen brachten wir in den Zoo von Long Beach, denn nur sie kannten Frank Kerstings Geheimpläne zur Ergreifung der Weltherrschaft. Seither versuchten etliche Psychiater täglich, den Tieren dieses dunkle Geheimnis zu entlocken – bisher vergeblich. Zuletzt hatten Forscher den Tieren Computer-Chips in die Schädeldecken eingebaut, um an die wichtigen Informationen zu gelangen – erfolglos … Und nun waren drei der fünf tot.

Mir standen die Haare zu Berge. Könnte es sein, dass die niedliche Simone und der „Große Frank“ das Piranha-Becken überlebt hatten und nun zurückgekehrt waren? Wollten sie den fünf Seelöwen den Garaus machen, damit diese nicht „singen“ würden? Oder steckte gar mein alter Freund Baxter hinter der Sache? Könnte es nicht sein, dass Baxter sich heimlich mit der niedlichen Simone getroffen hatte, und – unseren heiligen Schwur missachtend – sich zu ihrem Diener gemacht und ihr zuliebe die ersten drei der fünf Seelöwen hinterrücks gemeuchelt hatte? In der Hoffnung, dadurch ihre Liebe zu erringen?

Ich hatte dem alten Knacker nie so richtig über den Weg getraut, und nun lag die entsetzliche Wahrheit mir klar vor Augen. Es war schmerzhaft. Ich brauchte einen Tag, um einen klaren Kopf zu bekommen, aber heute geht es mir schon besser. Ich werde nach Long Beach reisen und die anderen beiden Seelöwen töten. Was Baxter kann, das kann ich besser.

Woll’n wir doch mal sehen, wer letztlich das Herz der niedlichen Simone erobert …

SCOTT COLUMBUS