Scharfe Sanktionen gegen Iran

EU-AUSSENMINISTER Mit einer Vielzahl von Nadelstichen will die EU Iran in der Atompolitik an den Verhandlungstisch zwingen. Nicht ganz so einig ist man sich in der Kosovo-Frage

Im Fall Irans zeigt Europa eine eher seltene, aber viel beschworene Einstimmigkeit

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Die europäischen Außenminister haben sich gestern darauf geeinigt, ihre Sanktionen gegen Iran zu verschärfen. Die Liste von Personen, deren Konten bei europäischen Banken eingefroren werden, wurde verlängert. Nun wird auch Organisationen und Vereinen, die dem Regime nahe stehen, wie zum Beispiel den Revolutionsgarden, der Geldhahn abgedreht. Güter, die in der Rüstungsindustrie verwendet werden könnten (dual use), dürfen nicht mehr in den Iran exportiert werden. Iranische Frachtflugzeuge erhalten auf europäischen Flughäfen keine Landeerlaubnis mehr. Europäische Firmen dürfen nicht mehr in Ölraffinerien oder Gas-Verflüssigungsanlagen investieren. Der Iran ist der weltweit viertgrößte Ölproduzent. Das Land muss aber bis zu 40 Prozent seines Benzins importieren, weil es an moderner Raffinerietechnik mangelt. Bereits bestehende Verträge sind von den neuen Sanktionen nicht betroffen.

Der belgische Außenminister und Ratsvorsitzende Steven Vanackere bezeichnete die Sanktionen als „ausgewogen“. Wenn der Dialog versage, brauche man Sanktionen. Der deutsche Staatssekretär Werner Hoyer sagte: „Das Ziel ist es, den Iran dazu zu bewegen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Ich glaube, wir haben das richtige Maß gefunden. Mancher im Iran hat wahrscheinlich nicht damit gerechnet, dass die EU sich in der Lage sehen würde, diese Sanktionen zu beschließen.“ Im Vorfeld hatte vor allem Schweden davor gewarnt, dass Einfuhrverbote die Situation der Zivilbevölkerung verschlechtern könnten. Der britische Außenminister William Hague sagte hingegen: „Die Iraner haben die Verhandlungen abgebrochen. Lasst uns den Druck erhöhen und hoffen, dass sie die Botschaft verstehen.“

Eins der wichtigsten Ziele der neuen belgischen Ratspräsidentschaft sei zu zeigen, dass Europa mit einer Stimme spricht, sagte der Außenminister Vanackere gestern zu Beginn des Außenministertreffens in Brüssel. Doch mit dieser Einstimmigkeit ist es nicht weit her. Über die Iransanktionen hatte es im Vorfeld viel Streit gegeben. Für noch mehr Sprengstoff sorgt das Thema Kosovo. Obwohl der Internationale Gerichtshof in Den Haag Ende vergangener Woche die Unabhängigkeitserklärung Kosovos als mit dem Völkerrecht vereinbar erklärt hatte, wollen 5 der 27 EU-Mitglieder den neuen Staat auch weiterhin nicht anerkennen. Vor allem Spanien hat selbst Probleme mit Minderheiten wie den Katalanen oder Basken, die nach mehr Unabhängigkeit vom Zentralstaat streben. Aber auch Zypern, das in einen türkischen und einen griechischen Teil geteilt ist, die Slowakei, Rumänien und Griechenland verweigern Kosovo die Anerkennung.

Entsprechend schwer taten sich die Außenminister gestern, eine einstimmige Erklärung zu Kosovo zu verfassen. Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger sagte: „Die Entscheidung des IGH ist eine Wende.“ Damit sei der Status des Kosovo als unabhängiger Staat klar. Um Serbien über das Gefühl der Demütigung hinwegzuhelfen, müssten die Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft beschleunigt werden.

Staatssekretär Hoyer sagte: „Ich glaube nicht, dass diejenigen Länder, die das Kosovo bisher nicht anerkannt haben, das sehr rasch tun werden. Aber ich denke, dass die EU jetzt, wo die Änderungen des Status in der Welt sind, ein größeres Maß an Übereinstimmung findet.“ Das meinte auch der belgische Außenminister: „Ich bin ein Optimist. Die Kosovoentscheidung ist ein Beispiel dafür, dass Europa jetzt kohärenter handelt.“ Wie diese Kohärenz aussehen soll, sagte Vanackere aber nicht.