: Appell, Applaus und aus
GUANTÁNAMO Obama will das Folterlager endlich schließen. Wieder mal
BERLIN taz | Es war nur ein Satz in der Rede von Barack Obama, wenn auch ein langer: „Und mit dem Ende des Afghanistankrieges muss dies auch das Jahr sein, in dem der Kongress die letzten Hürden für die Gefangenenüberstellungen aufhebt und wir das Gefängnis in Guantánamo schließen“, sagte der US-Präsident am Dienstagabend. Das Protokoll verzeichnet Applaus.
Nach vielen Ankündigungen, das Anfang 2002 innerhalb der US-Militärbasis auf Kuba eröffnete Gefangenenlager zu schließen, ist diese neueste Wendung jedoch sehr halbherzig. Obama weiß, dass er mit dem Versuch, diejenigen Gefangenen, denen in den USA überhaupt der Prozess gemacht werden soll, aufs US-Festland zu verlegen, am Widerstand der Republikaner, aber auch vieler Demokraten scheitert. Auch ein neuer Appell Obamas wird daran wenig ändern.
Seit einigen Monaten versuchen die USA, zumindest jene Gefangenen loszuwerden, die schon seit Jahren eigentlich zur Freilassung anstehen. Ihnen wird nichts vorgeworfen, auch die Geheimdienste halten sie nicht für eine Bedrohung der USA. Aber weil sie aus Ländern kommen, in die die USA entweder aus eigenen Sicherheitsbedenken oder aus Sorge um die Sicherheit der Gefangenen niemanden überstellt, sitzen sie noch immer in Guantánamo. Das galt lange für die Gruppe der chinesischen Uiguren, es gilt noch immer für eine große Gruppe von Jemeniten.
Immer wieder hatten die Behörden die eigentlich regelmäßig vorgesehenen Überprüfungsanhörungen der Gefangenen verschoben. Jetzt haben sie endlich begonnen, und tatsächlich empfahl Anfang Januar die zuständige Militärkommission, nunmehr auch Gefangene nach Jemen zu überstellen.
Es könnte sein, dass in einigen Monaten nur noch Gefangene in Guantánamo einsitzen, gegen die im Zusammenhang mit den Anschlägen des 11. September 2001 Verfahren laufen. Deren Überstellung aufs US-Festland wird Obama kaum durchsetzen können – die Forderung ist in beiden Parteien und der Öffentlichkeit unpopulär. Die Militärverfahren gegen zum Teil jahrelang gefolterte Gefangene aber dürften sich noch hinziehen. Die Vermutung liegt nahe, dass Guantánamo auch 2015 noch ein Lager sein wird. BERND PICKERT