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Archiv-Artikel

Bürgschaft für Schmiergeld

BETRUG Hermesbürgschaften decken auch Korruption deutscher Unternehmen im Ausland, sagt die Entwicklungsorganisation Urgewald und fordert Reformen wie mehr Transparenz bei der Vergabe

BERLIN taz | Die Bundesrepublik finanziert Schmiergeldzahlungen der deutschen Industrie bei Auslandsgeschäften. Das legt eine Studie der Entwicklungsorganisation Urgewald nahe, die am heutigen Donnerstag veröffentlicht wird. Mittel dazu sind Hermes-Bürgschaften, die Exporte in unsichere Märkte absichern sollen.

In den vergangenen zehn Jahren sind demnach Ausfälle in Höhe von 5,2 Milliarden Euro gezahlt worden. Urgewald betont, dass die meisten anderen OECD-Staaten erfolgreich gegen Korruption beim Export vorgehen – nicht so Deutschland. Besonders brisant: Mit Absicherungen von knapp 4,7 Milliarden Euro hat Siemens im untersuchten Zeitraum 2001 bis 2009 am meisten von Hermes profitiert.

Gleichzeitig war der Konzern in dieser Zeit auch in den größten Korruptionsskandal der deutschen Geschichte verwickelt. Urgewald nennt beispielhaft mehrere Fälle, in denen dabei Hermes-Gelder geflossen sind. Etwa bei einem Kohlekraftwerksbau in Indonesien. Hier hat sich Siemens mithilfe des Diktators Suharto vertraglich zusichern lassen, dass der staatliche indonesische Energiekonzern PLN 30 Jahre lang Strom zu doppelten Marktpreisen abnehmen muss. Hermes und die Kreditanstalt für Wiederaufbau unterstützten den Kraftwerksbau mit 1 Milliarde Dollar.

Bei den Vergabekriterien der Hermesbürgschaften hat sich Urgewald zufolge seitdem nichts geändert. Während zum Beispiel Siemens selbst mittlerweile Zahlungen an „lokale Agenten“ verboten hat, würden diese Gelder bei anderen Firmen weiterhin per Hermes abgesichert. Sie gelten ab einer gewissen Höhe als Beleg für Korruption.

Auch Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency International, findet diesen Punkt am wichtigsten: „In vielen anderen Ländern müssen Beraterverträge für die Vergabe von Bürgschaften offengelegt werden.“

Urgewald fordert mehr Transparenz der geförderten Projekte und dass Beraterverträge einen Anteil von 5 Prozent am Projektbudget nicht überschreiten dürfen. Bei Verurteilung müsse ein Unternehmen für künftige Bürgschaften gesperrt werden und Korruption schärfer bestraft werden. JÖRG ZEIPELT