Stefan Aust am Limit
Spiegel-TV-Ablegesender XXP weicht im Herbst dem Männer-Kanal Dmax – gar nicht mal so bedauerlich
Stefan Aust zeigte sich tapfer. Am Dienstagabend nahm der Spiegel-Chefredakteur in einer Ecke des Hamburger Clubs „Edelfettwerk“ Platz und folgte aufmerksam der Präsentation des neuen Free-TV-Senders Dmax. Wenn er dabei mit dem Handy in der Hand spielte, wirkte es keineswegs gelangweilt.
Tapfer sein musste Aust deshalb, weil der Start von Dmax am 1. September das Ende des Senders XXP bedeutet, von dem es heißt, dass er dem Spiegel-Chefredakteur besonders am Herzen lag. Das ist der Sender, den wahrscheinlich mehr Menschen aus dem Spiegel-Heft, in dem am Ende immer eine Anzeigenseite auf das Programm hinweist, als aus dem Fernsehen kennen. Dabei ist XXP in den meisten Kabelnetzen auch ohne Digitalzugang zu empfangen. Wegen der Reichweite von rund 27 Millionen Haushalten hat der US-Pay-TV-Betreiber Discovery Communications den deutschen Free-TV-Kanal gekauft. Von XXP wird außer dem X in „Dmax“ und zunächst einer Stunde „Spiegel TV“ pro Woche nichts übrig bleiben.
Chuzpe lässt sich den deutschen Discovery-Vertretern nicht absprechen. Sie reden von einem „Factual-Entertainment-Sender“, der erstmals männlichen Zuschauern Gelegenheit zur 100-prozentigen Identifikation, zum „Sattsehen“ geben soll. Auf Fiktionales wird komplett verzichtet. Trailer zum neuen Programm, das gerade mit Hochdruck produziert wird, gab es nur wenige zu sehen. Stattdessen eine Power-Point-Präsentation, nach der festzustellen ist, dass die vorgestellten fünf Programmgenres einander recht arg ähneln: „Leben am Limit“, „Real Life“, „Männerwelt“, „Lifestyle“ und „Tech Plus“ heißen sie. In der Sache scheint es sehr oft um Motoren zu gehen. Um Erotik trotz der ostentativen Männertümelei aber nicht. Die sei nicht mehr „unbedingt das Kerninteresse“ der Zielgruppe, sagte der deutsche Hauptverantwortliche des Unternehmens, Patrick Hörl, auf Nachfrage.
Manches könnte sich sogar zu sehen lohnen. Aus den USA kommt eine Reihe von Morgan Spurlock, dem Macher des Anti-McDonald’s-Films „Super Size Me“. 50 Prozent des Hauptabend-Programms sollen deutsche Produktionen bestreiten – für die Sender hinten auf der Fernbedienung bemerkenswert. Angekündigt sind Dokusoaps, Shows über Angeln und Finanzen.
Vielleicht also wird Dmax, für das neben Programmchefin Katja Hoffem-Best noch weiteres RTL 2-Personal abgeworben wurde, die Qualität in der dritten TV-Liga gar nicht verschlechtern. Als Auftragnehmer dürfte auch „Spiegel TV“ davon profitieren: Über „eine ganze Fülle“ von Programmen werde verhandelt, so Hörl. Insofern wird sich das Ende von XXP für die Spiegel-Gesellschafter auszahlen, während es wohl nur wenige Zuschauer bemerken und bloß einige Peter-Berling- und Alexander-Kluge-Aficionados bedauern werden.
Stefan Aust allerdings eilte am Ende der Präsentation aus dem „Edelfettwerk“. Im Hinausgehen sagte er auf Nachfrage noch, die neuen Eigentümer „investieren ja viel“ und hätten daher auch das Recht, aus dem Sender zu machen, was sie wollen. Dann setzte Aust sich in einen schwarzen Porsche und brauste davon.
CHRISTIAN BARTELS