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Archiv-Artikel

Ja-Wort über das Internet

WISSENSCHAFT „How virtual is reality?“, fragen sich die Teilnehmer der International Summer School.

Kerstin Radde-Antweiler

■ ist Religionswissenschaftlerin an der Universität Bremen.

taz: Frau Radde-Antweiler, wie können Religionen und Rituale in der virtuellen Welt ausgelebt werden?

Kerstin Radde-Antweiler: Viele religiöse Institutionen wie Kirchen finden ihren Platz auch in der virtuellen Welt. So werden sogar Gottesdienste online abgehalten. Dieser Trend ist aber noch mehr in den USA verbreitet. Auch viele esoterische Rituale sind in der virtuellen Welt zu finden. Doch im Gegensatz zur Wirklichkeit muss dort auf Berührungen und Gerüche natürlich verzichtet werden. Das Augenmerk wird auf das Gesprochene und Geschriebene gelegt.

Empfinden die Teilnehmer die Rituale trotzdem als schön?

Es kommt darauf an. Viele Menschen heiraten sogar mit ihren Spielcharakteren in virtuellen Welten wie „Second Life“ über das Internet und erschaffen sich so ihre Traumhochzeit. Manche konstruieren sich ihre eigene „Barbie-und-Ken-Welt“, andere können in der Realität gar nicht heiraten, wie zum Beispiel Homosexuelle oder Paare, die weit voneinander getrennt leben. Online-Umgebungen, wie sie in „Second Life“ oder „World of Warcraft“ zu finden sind, erweitern ihre eigene Lebenswelt und regen ihre Phantasie an.

Welche Gefahren bringt so eine virtuelle Welt mit sich?

Natürlich besteht ein gewisses Suchtpotential. Viele verbringen um die sieben Stunden in der virtuellen Welt. Doch neuste Studien haben ergeben, dass davon nicht wie erwartet immer nur Teenager betroffen sind, die abgekapselt zuhause am Computer sitzen. Auch Menschen, die mitten im Leben stehen und sozial gut eingebunden sind, agieren viel in der virtuellen Welt. INTERVIEW: KRISTIN BÖHMER

30 Juli bis 9. August, Jacobs University