DAS WIRD DER MONAT, DER WIRD (2)
: Hoeneß wird entschädigt

VORSCHAU Warum Darts boomt, Mischa der Bär im Reich des Wladimir Putin auftaucht und Skispringer Eddie the Eagle ebenso

Hildesheim, 2. Februar: Beim professionellen Pfeilewettwerfen, der German Darts Championship, erklären Psychologen den verblüffenden Erfolg des Modesports: „Es ist die erste Disziplin, bei der Akteure und Zuschauer völlig entkoppelt agieren. Hier schweißfreier Präzisionssport, dort postmoderner Exzesskarneval. Die einen müssen sich trotz der anderen konzentrieren, die das Geschehen als grölende Kulissenmarionetten eigentlich gar nicht interessiert.“ Auch die Quotenerfolge im Fernsehen seien erklärbar: „Da sind stundenlang Physiognomien in Nahaufnahme zu bewundern, die es jedem Couchpotato erlauben, sich wie eine Mischung aus Schwarzenegger und Tarzan zu fühlen.“ Beide Phänomene ergäben eine „doppelte Disbalance im harmonischen Gleichgewicht“.

Sotschi, 7. Februar: Chaos bei den Olympia-Maskottchen: Hase, Eisbär und Schneeleopard, die Plüschtiere von Sotschi, treten „wegen ehrabschneidender Kritik“ der Sotschinen zurück. Diese hatten verlangt, statt „dieses albernen Kuschelzoos“ ihren Liebling, einen Delfin auf Skiern, als Olympiabotschafter zu küren: „Sotschi ist eine Küstenstadt, unser Delfinarium eine Attraktion.“ Der delfinglatte Wladimir Putin lehnt aus Verwechslungsgründen ab und präsentiert stattdessen einen alten Bekannten: den Sowjetbären Mischa von 1980, diesmal mit Fellmütze. Putin bejubelt seinen Coup: „Ein wildes Tier wie ich.“

Berlin, 10. Februar: Die Bekenntniswelle nach Thomas Hitzlsperger reißt nicht ab. Selbst Exstars wie Mario Basler („Ja, ich auch“), Lothar Matthäus („Alle meine Frauen – alles Camouflage“) und Michael Ballack („Ich bin der Homo-Capitano der Schwulen-Combo“) turnen outend durch die Talkshows. Auch Lukas Podolski kommt aus sich heraus: „Isch bin ne Lesbe. Isch steh auf Frauen.“ Nur noch wenige Nationalspieler gelten als Heteros, etwa Thomas Müller, der freimütig bekennt: „Ich liebe meine Frau.“ Das bringt ihm viel Lob und Respekt ein. „Auch wenn Schwulsein Mode geworden ist“, sagt sogar Kanzlerin Merkel, „es ist bewundernswert, wenn jemand wie Männerfußballer Müller ganz offen zu seiner heterosexuellen Orientierung steht.“

Sotschi, 15. Februar: Die komplexen Kompensationsregeln im Skispringen um Windstärke und Windrichtung, Anlauflänge, Athletengewicht, Skiwachskoeffizienten sowie Blutgruppe und Sternzeichen der Haltungsrichter überfordern jeden Zuschauer und jetzt auch den olympischen Hochleistungsrechner. Er gibt seinen Geist auf. Nach langen Debatten werden alle 30 Finalisten zu Olympiasiegern erklärt. Altmeister Eddie The Eagle, der als „launiger Botschafter des Scheiterns“ die Spiele besucht, erklärt, „bei diesem lustigen Computerspiel mit lebenden Menschen“ hätte er mit seiner Dioptrienzahl „beste Goldchancen gehabt“. Das Kampfgericht widerspricht: „Der integrierte Adler-Algorithmus in unseren Formelpaketen hätte das mit einem angemessenen Punktabzug sicher verhindert.“

Sotschi, 19. Februar: Eisschnelllaufjungseniorin Claudia Pechstein, 41, aus Berlin-Marzahn, ein weltrekordverdächtiges Vierteljahrhundert lang nicht des Dopings überführt, gewinnt über 5.000 Meter mit der blutigen Urkraft ihrer Retikulozyten Gold. Es ist ihr 6. Olympia-Titel binnen 20 Jahren. Die Veranstalter spielen bei der Siegerinnenehrung, angeblich „aus Versehen“, die DDR-Hymne ein, Pechstein weint: „All die Billigdoper hatten keine Chance gegen mich. Ich bin eh sauber.“ Anni Friesinger twittert aus dem Ruhestand: „Glückwunsch ins andere Deutschland. Mit deinem Wunderblut hätte ich das auch geschafft.“

München, 26. Februar: Überraschende Wende im Fall Hoeneß: Zwei Wochen vor dem geplanten Prozess wird das Steuerverfahren gegen eine Zahlung von 10 Millionen Euro eingestellt. „Das schien der Kammer ein sinnvoller Kompromiss“, sagt ein Gerichtssprecher merkwürdig wolkig.

München, 27. Februar: Neue spektakuläre Wende im Fall Hoeneß: Wie heute bekannt wird, muss der Bayern-Pate nicht etwa 10 Millionen zahlen, sondern erhält sie aus der Gerichtskasse: „Durch den Fall Hoeneß“, erklärt das Justizministerium, „haben konservativ geschätzt mindestens 5.000 Bundesbürger zusätzlich eine Selbstanzeige gefertigt, was dem Staat Einkünfte von an die 100 Millionen gebracht hat.“ Die Gegenseite habe sogar 50 Millionen gefordert, „uns erschienen 10 Prozent angemessen“. Hoeneß lässt den Fiskus-Zehnten „aus Dankbarkeit für die große Solidarität der Vereinsmitglieder“ auf das Festgeldkonto des FC Bayern transferieren.

München, 28. Februar: Franz Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge geben eigene Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung ab. „So a Messi ist teuer“, sagt der Franz. BERND MÜLLENDER