: Ein Saubermann und seine Schläger
Dem NPD-Landtagsmitglied Uwe Leichsenring drohen Ermittlungen wegen Unterstützung der kriminellen Vereinigung „Skinheads Sächsische Schweiz“. Abhörprotokolle und Fotos zeigen, dass er die SSS als Wahlkampfhelfer einsetzte
AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH
Das Organigramm der rechtskriminellen Vereinigung „Skinheads Sächsische Schweiz“ SSS, das der Dresdner Oberstaatsanwalt Jürgen Schär auf seinem Schreibtisch liegen hatte, trug vor fünf Jahren noch einen Bleistift-Verweis mit Fragezeichen. Uwe Leichsenring, NPD-Aktivist, Gemeinderat im Elbeort Königstein und seit 2004 NPD-Landtagsabgeordneter, soll der 2001 verbotenen Schlägertruppe zumindest nahe gestanden haben.
Inzwischen gibt es dafür konkrete Anhaltspunkte, so dass Leichsenring Ermittlungen wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung drohen. Oberstaatsanwalt Schär wartet damit nur noch, bis voraussichtlich im August das Urteil gegen den SSS-Rädelsführer Thomas Sattelberg gesprochen wird. Sattelberg war im zweiten SSS-Prozess 2003 schon einmal zur Bewährung verurteilt worden und steht erneut vor Gericht, weil er die Organisation mit einem Kern von etwa 25 Mitgliedern unbeirrt fortgeführt haben soll.
Während der Beweisaufnahme in diesem Prozess wurden Protokolle der Telefonüberwachung Sattelbergs vorgespielt. Sie belegen, dass Leichsenring im Landtagswahlkampf 2004 zweimal die SSS um Unterstützung bat. Im ersten Fall ging es um eine Einwohnerversammlung in der NPD-Hochburg Reinhardtsdorf-Schöna in der Sächsischen Schweiz. Leichsenring forderte Sattelberg auf, 20 bis 30 seiner Leute dorthin zu schicken. In einem zweiten Gespräch bittet Leichsenring darum, die Bewachung der häufig abgerissenen NPD-Plakate zu sichern.
Die Bandmitschnitte zeigen nicht nur, dass Leichsenring von der Fortexistenz der SSS wusste und sich ihrer bediente. Der Tonfall, in dem die Anweisungen erteilt werden, lässt auch Schlüsse auf ein hierarchisches Verhältnis zu. Ergänzt werden die akustischen Beweise noch durch Fotos eines Treffens von Leichsenring mit SSS-Leuten im Städtchen Dohna ebenfalls im Wahljahr 2004. Auch dabei ging es offensichtlich um Wahlkampfunterstützung.
Die Ermittlungen von Jürgen Schär und seiner Staatsschutzabteilung hatte dazu geführt, dass eine rechtsgerichtete und gewalttätige Organisation erstmals als kriminelle Vereinigung verfolgt werden konnte. Leichsenring hingegen hatte sie in einem Interview schon als „junge, zuverlässige und anständige Männer und Frauen“ bezeichnet. Ende 2004 hatten Hacker die Internetseiten der SSS geknackt und ebenfalls Hinweise auf Verwicklungen eines „MdL“, also eines Landtagsmitgliedes, gefunden. Bei diesem Immunität genießenden Sympathisanten seien sogar heikle Daten und Dokumente sicher gelagert.
Mit der Immunität Leichsenrings könnte es vorbei sein, wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt. Ein Landtagsbeschluss aus dem Vorjahr erlaube ihm ausdrücklich Vorermittlungen auch gegen Abgeordnete, betont Oberstaatsanwalt Schär. Er müsse diese Absicht unter Einhaltung einer Wartefrist lediglich dem Landtagspräsidenten mitteilen.