:
Prophylaxe in Hinterzimmern
■ betr.: „Rechtstreit. Sofortiges Filmverbot“, taz vom 30. 7. 10
Glietsch fordert „Videoaufnahmen aus Sicherheitsgründen“. Hier wird doch unverhüllt eine Prophylaxe aufgrund eines Generalverdachts des Erwartens einer möglichen Straftat bei Menschen betrieben, die ihre demokratisch verankerten Rechte wahrnehmen wollen – Einschüchterung inbegriffen.
Ich schlage eine derartige Prophylaxe eher z. B. in den Hinterzimmern einiger Banken vor – dass in diesem Bereich kriminelle Taten gezielt ausgeheckt wurden, belegen eindrucksvoll doch vorgelegte CDs mit Daten über massive Steuerhinterziehungen sowie die nachfolgenden Selbstanzeigen der Täter. Lohnend wären auch versteckte Kameras bei der Deutschen Bahn gewesen. Die gefährlichen Folgen der dortigen rechtswidrigen „Sparpolitik“ sind hinreichend bekannt. Aber auch ein Videobeweis aus der einen oder anderen Parteizentrale über die Hintergründe großzügiger, aber unverständlicher Steuergeschenke wäre hilfreich. Auch schwarze Parteispenden wären ein lohnendes Observierungsziel! Usw., usw.
Also: Bitte an der richtigen Stelle vorbeugen und nicht peu a peu das Demonstrationsrecht aushöhlen. OTTO EIGEN, Berlin
Potsdam hat nichts zu verteidigen
■ betr.: „Anlass zu feiern, Anlass zu mahnen“, taz vom 26. 7. 10
Als Verein Griebnitzsee für Alle e. V. haben wir die Potsdamer Verantwortlichen und die Schlösserstiftung schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass der Uferweg am Griebnitzsee der Zugang zum Weltkulturerbe ist. Die S-Bahn aus Berlin und Potsdam Hbf hält quasi direkt am Uferweg. Vielen Dank daher für Ihre Unterstützung in diesem Sinne!
Das Tauziehen um das Griebnitzseeufer finden Sie hässlich. Stimmt. Dass jeder nur noch seine Pfründe verteidigt, stimmt so nicht, denn die Stadt Potsdam hat nichts zu verteidigen, weil ihr bisher kaum Grundstücke gehören. Dass der Bund zwischen Stadt und privaten Interessenten quasi neutral steht, stimmt leider auch nicht. Er hat sich in den letzten Monaten sehr auf die Seite der privaten Bieter, die schon Teile des Weges gesperrt haben, geschlagen. Man hat den Eindruck, dass ihnen mit Hilfe des Bundesfinanzministeriums auch der Rest des Ufers zugeschanzt werden soll.
Die Stadt Potsdam möchte die Ufergrundstücke, die der Bund noch besitzt, von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) gern kaufen und war sich mit dieser auch schon handelseinig. Doch, obwohl die BIMA in ihren eigenen Richtlinien stehen hat, dass sie öffentliches Interesse bei ihren Verkäufen berücksichtigt, will sie jetzt meistbietend verkaufen. Dies kann einen folgenreichen Präzedenzfall schaffen: Wenn kommunale Planung und Beschlüsse von Stadtverordneten durch private Gebote ausgehebelt werden können, wird dies auch an anderer Stelle passieren.
Und noch ein Gedanke: Warum eigentlich muss die eine staatliche Institution (Bund) maximalen Profit machen durch Verkauf an eine andere staatliche Institution (Stadt)? Die Stadt Potsdam will im Übrigen nichts geschenkt, sondern den gutachterlich ermittelten Verkehrswert von 2,6 Millionen Euro zahlen. Mehr darf sie auch gar nicht, sonst kommt der Rechnungsprüfer. Im Herbst soll der Bundeshaushaltsausschuss abschließend entscheiden wer, den Zuschlag bekommt. Man darf gespannt sein.
WALTER RAFFAUF, Griebnitzsee für Alle e. V.
Ganz normaler Wahnsinn
■ betr.: „Gesetzentwurf. Sozialmieten steigen langsamer“,taz vom 21. 7. 10
Tatsächlich steigen die Sozialmieten in Berlin schneller, und entgegen landläufigen „Gentrifizierungstheorien“ sind es nicht Zugezogene, sondern vor allem der ganz normale Wahnsinn im sozial geförderten Wohnungsbau, der immer mehr Menschen aus ihren Wohnungen vertreibt. Auf eine Besonderheit sei hier aufmerksam gemacht, welche die zwischen 1984 und 1990 geförderten Wohnungen anbelangt:
Wegen der hohen Kreditzinsen (um die 8 %) sind damals eigentlich nur wegen der internationalen Bauausstellung überhaupt noch Häuser gebaut worden. Mit falschen Versprechungen von langfristig günstigen Mieten, wurden damals etliche Mieter in Neubau-Selbsthilfeprojekte gelockt (die damals als zukunftsweisend für den sozialen Wohnungsbau angesehen wurden) und mussten seitdem jährliche Mietpreissteigerungen erdulden, welche die durchschnittlichen um ein Vielfaches überstiegen. Deswegen bieten die Vergleichsmieten, die – falls überhaupt vorhanden – paradoxerweise gerade in sogenannten „einfachen Lagen“ exorbitant hoch sind, für die Betroffenen keine sinnvolle Grundlage für ein geplantes Gesetz zur Mietpreisdämpfung, falls es denn überhaupt zustande kommt.
Im Übrigen irren die Autorinnen des taz-Artikels, wenn sie schreiben, dass die regulären Kürzungen von 13 Cent/Quadratmeter ursächlich für die Mietenkrise im sozialen Wohnungsbau sind. Vielmehr sind außerplanmäßige Kürzungen die zusätzlich angefallen sind, sowie die Kappung der Anschlussförderungen für die extreme Entwicklung verantwortlich, was sich an konkreten Daten über die letzten 20 bis 25 Jahre leicht belegen lässt. Bei planmäßig steigenden Mieten wären die Sozialmieten vermutlich immer noch unter denen des freien Wohnungsmarktes. OLIVER GINSBERG, Berlin