: Das Misstrauen bleibt
SICHERHEITSKONFERENZ Die internationalen Partner sind skeptisch, ob Deutschland sein Bekenntnis zu mehr Einmischung in internationale Konflikte ernst meint
US-AUSSENMINISTER JOHN KERRY
AUS MÜNCHEN TOBIAS SCHULZE
Die Troika aus Berlin hatte sich ins Zeug gelegt. Deutschland müsse sich künftig stärker in internationale Konflikte einmischen, beschworen der Bundespräsident, der Außenminister und die Verteidigungsministerin zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz unisono. Eine Grundsatzrede habe Staatsoberhaupt Joachim Gauck abgeliefert, kommentierten die Zeitungen am Samstag, einen Meilenstein seiner Amtszeit.
Auf der Konferenz selbst blieb die große Begeisterung aus. „Eine Führungsrolle zu übernehmen bedeutet nicht nur, in München gute Gespräche zu führen“, sagte US-Außenminister John Kerry. „Es bedeutet vor allem, in schwierigen Zeiten Mittel zur Verfügung zu stellen.“
Die deutschen Vertreter können sich nicht vorwerfen, ihre Absicht mit zu wenig Nachdruck präsentiert zu haben. Mit einer PR-Offensive hatten sie ihre Auftritte in den Tagen vor der Sicherheitskonferenz vorbereitet. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erklärten in Interviews, dass sich Deutschland künftig stärker engagieren wolle. Auf der Münchner Bühne mussten sie ihre Botschaften nur wiederholen, um sicherzugehen, dass sie wirklich jeder versteht.
Das Misstrauen der internationalen Partner konnten sie trotzdem nicht zerstreuen. Die Verbündeten erinnern sich zu gut an den Kurs, den Deutschland in Konflikten bisher gefahren hat. 2011 zog die Bundesregierung zum Beispiel deutsche Soldaten aus Nato-Aufklärungsflugzeugen ab, um sich nicht am Libyenkrieg beteiligen zu müssen. „Verlässlichkeit bedeutet, dass Partner sich nicht einfach fünf vor zwölf aus gemeinsam zugesagten militärischen Fähigkeiten zurückziehen“, sagte die niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert auf der Sicherheitskonferenz. Wen sie meinte, musste sie nicht explizit erwähnen.
Den Partnern ist klar: Über Krieg und Frieden entscheidet in Deutschland nicht der Bundespräsident; der Bevölkerung sind Auslandseinsätze suspekt. Laut einer Emnid-Umfrage für das Magazin Focus lehnen 69 Prozent der Deutschen ein stärkeres militärisches Engagement im Ausland ab. Der Spiegel berichtet, die Regierungspartei CSU wolle Steinmeier und von der Leyen bremsen. Parteichef Seehofer fürchte negative Schlagzeilen vor den bayerischen Kommunalwahlen im März.
Um ihre Absichten zu untermauern, kann die Verteidigungsministerin den internationalen Partnern vorerst nur ein Angebot machen. Die Koalition hatte vor einer Woche in Aussicht gestellt, die Ausbildungsmission in Mali aufzustocken und Flugzeuge in die Zentralafrikanische Republik zu schicken. Unter einer Führungsrolle dürften die Verbündeten mehr verstehen.