: Koalition lässt sitzen
Landes-CDU will die neue NRW-Gemeindeordnung nun doch ohne Parteitagsbeschluss durchpauken. Bürgermeister sollen länger im Amt bleiben. Kritik von der CDU-Basis: „Dann gibt es Streit“
VON KLAUS JANSENUND MARTIN TEIGELER
Die NRW-CDU will die neue Gemeindeordnung gegen den Widerstand ihrer eigenen Mitglieder durchsetzen. Parteisprecher Matthias Heidmeier bestätigte der taz, dass der CDU-Parteitag im September nicht wie geplant über das Thema beraten soll. „Die Reform steht nicht auf der Tagesordnung“, sagte er. Man werde nun eine „Lösung innerhalb der Koalition mit der FDP“ suchen.
Die Gemeindereform sieht eine Verlängerung der Amtszeiten für die nordrhein-westfälischen Bürgermeister von fünf auf acht Jahre vor. Zudem sollen die Rathauschefs künftig nicht mehr am selben Tag wie das Stadtparlament, sondern in einer gesonderten Abstimmung gewählt werden. Im Frühjahr hatte die CDU nach massiver Kritik aus den eigenen Reihen die Verabschiedung der Reform verschoben – und der Basis ein Mitspracherecht versprochen. Die Landtagsopposition hatte bereits voreilig über eine „Beerdigung zweiter Klasse“ für die Reform jubiliert.
Noch im Juni hatten zahlreiche Kreisvorsitzende auf einem Treffen gegen die Reform rebelliert. Angeblich stand das gesamte Projekt auf der Kippe. „Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat die kritischen Anmerkungen zur Kenntnis genommen“, heißt es nun aus der Partei. Mehr als das jedoch offensichtlich nicht – eine erneute Befragung der Basis ist nicht vorgesehen. „Ich weiß nicht ob es schlau ist, dieses Fass noch einmal aufzumachen“, sagte der designierte Regierungssprecher Andreas Krautscheid der taz. Noch vor kurzem hatte er als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Rhein-Sieg eine Erklärung gegen die Reform unterzeichnet. „Unser Kreisverband vertritt eine Minderheitenposition“, räumt er nun ein.Der Hammer Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann geht davon aus, dass die Reform beschlossen wird. Es gebe nur noch an einem einzigen Punkt Widerstände in einzelnen Kreisverbänden: bei den Amtszeiten der Bürgermeister. „Diese Entkopplung von den Stadtratswahlen ist richtig und steht auch im Koalitionsvertrag“, so der Vorsitzende der kommunalpolitischen Vereinigung der NRW-CDU. Möglich wäre allenfalls der Kompromiss, die Amtszeiten der Bürgermeister lediglich auf sechs Jahre auszudehnen.
Auch die FDP wäre bereit, die Amtszeiten nur auf sechs Jahre zu verlängern. Die nordrhein-westfälischen Liberalen bestehen jedoch darauf, dass Rat und Bürgermeister künftig nicht mehr zum gleichen Zeitpunkt gewählt werden, so FDP-Fraktionschef Gerhard Papke noch kurz vor der Sommerpause.
Ob die CDU-Basis eine solche Nachbesserung der Reform schlucken würde, ist ungewiss. „Das wäre für mich kein Kompromiss“, sagt der Neusser CDU-Vorsitzende Jörg Geerlings. In den Ortsverbänden sei man mehrheitlich dagegen, Stadtrats- und Bürgermeisterwahlen zu entkoppeln. „Dann würden noch weniger Bürger zu den Kommunalwahlen gehen“, fürchtet Geerlings. Er warnt davor, die Reform der NRW-Gemeindeordnung jetzt einfach schnell durchzupauken: „Dann gibt es Streit.“
Das Beispiel Neuss zeigt anschaulich, wie tief der Riss durch die konservative Regierungspartei geht: Während der lokale CDU-Parteichef den Machtzuwachs für die Bürgermeister kritisch sieht, ist der CDU-Rathauschef Herbert Napp dafür: „Ich halte das für richtig. Wir kommen damit raus aus dem parteipolitischen Gezänk.“