: Harte Kritik an Bremer Jobcenter-Politik
SOZIALES Das Jobcenter verpflichtet Betriebe mit Injobbern, aus Gründen der „Wettbewerbsneutralität“ nur noch Armen ihre Dienste zur Verfügung zu stellen. Nicht nur die Sozialbehörde protestiert
Stellungnahme der Bremer Bäder GmbH zum „Café Leuchtturm“ in Tenever
Seit dem ersten Februar gelten die neuen Auflagen des Jobcenters Bremen, nach denen soziale Betriebe, die InjobberInnen beschäftigen, nur noch nachweislich armen Menschen ihre Dienste anbieten dürfen (die taz berichtete). Das hat für zahlreiche Proteste gesorgt – auch von der Bremer Bäder GmbH. Dessen Geschäftsführung bezeichnet die dadurch drohende Schließung des „Café Leuchtturm“ im OTe-Bad Tenever als „nicht nachvollziehbar“ und die Regelung als „demütigende Situation“ für die Betroffenen.
Seit Samstag muss das Schwimmbad-Bistro ohne InjobberInnen auskommen: Weil sein Betreiber, das Mütterzentrum Tenever, dort nicht nur arme, sondern unterschiedslos alle Menschen bedienen will, hat das Jobcenter die 1-Euro-Stellen im Café nicht mehr weiterbewilligt. „Auf meinen Widerspruch gegen diese Maßnahme habe ich bisher noch keine Antwort bekommen“, sagt Christa Brämsmann vom Mütterzentrum.
„Wettbewerbsneutral“, „im öffentlichen Interesse“ und „zusätzlich“ müssen Einrichtungen sein, die Stellen auf dem sogenannten zweiten Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen, das schreibt das Sozialgesetzbuch vor. Im Zuge einer internen Revision der Bundesagentur für Arbeit wurde das Jobcenter Bremen ermahnt, bei der Bewilligung von InjobberInnen-Stellen künftig strenger auf die Befolgung des Gesetzes zu achten. Das tut es und bewertet seither nur noch solche Betriebe als wettbewerbsneutral, die ihre Dienstleistungen ausschließlich TransferleistungsempfängerInnen zur Verfügung stellen.
Dabei sind die drei einzuhaltenden Kriterien interpretierbar. So arbeitet beispielsweise das Jobcenter Hannover auch mit Arbeitgeberverbänden zusammen, um zu klären, ob ein soziales Unternehmen schädlich für Anbieter aus der freien Wirtschaft ist oder eben nicht: „Kammern und Verbände sind hier eingebunden und bestätigen durch sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigungen das Vorliegen der Wettbewerbsneutralität“, heißt es dazu beim Jobcenter Hannover.
Eine solche Unbedenklichkeitsbescheinigung würde das „Café Leuchtturm“ wohl auch bekommen – würde das Jobcenter Bremen ebenso vorgehen. Tut es aber nicht, das hat das Jobcenter auf Nachfrage der taz bestätigt. Ganz allein kommt es zu dem Schluss, dass das Schwimmbad-Bistro in Tenever nicht wettbewerbsneutral arbeitet.
Dabei bescheinigt ihm auch die Bremer Bäder GmbH Unbedenklichkeit: „Das Bistro ist ein zusätzliches Angebot des Mütterzentrums Osterholz-Tenever e. V. in Kooperation mit dem OTe-Bad der Bremer Bäder GmbH, der Stadtteil- und Projektgruppe sowie dem Ortsteil Tenever und liegt im öffentlichen Interesse“, heißt es in einer Stellungnahme des Bäder-Betreibers. Im Umkreis des OTe-Bads sei keine vergleichbare Einrichtung zu finden – also keine Konkurrenz.
Dass das Jobcenter sich die Umsetzung des Gesetzes leicht macht, findet auch die Bremer Linksfraktion. Deren arbeitsmarktpolitische Sprecherin Claudia Bernhard sagt: „Der Sinn sozialer Stadtteilprojekte liegt darin, mit geförderter Beschäftigung soziale Angebote zu schaffen, die sonst nicht existieren würden – und so sind Wettbewerbsneutralität und Zusätzlichkeit früher auch definiert worden.“ Und Sozialsenatorin Anja Stahmann (Die Grünen) hat Gespräche mit dem Arbeitsressort aufgenommen. „Trotz Anweisungen an das Jobcenter“, sagt Behördensprecher Bernd Schneider, „gibt es Spielräume, und die sollten genutzt werden.“ SCHN