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Hugo Chávez will in Weltsicherheitsrat

Der venezolanische Präsident sucht auf einer internationalen Tournee diplomatische Unterstützung für seine Kandidatur. Zu seinen Stationen gehören Minsk, Teheran und Bamako. In Russland kauft er Flugzeuge, Hubschrauber und Kalaschnikows ein

von JÜRGEN VOGT

Hugo Chávez will in den Weltsicherheitsrat. Wenn im Oktober die fünf neuen nichtständigen Mitglieder von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gewählt werden, möchte der venezolanische Präsident unter den Erwählten sein. Da Argentinien ausscheidet, wird einer der neu gewählten Mitglieder aus Lateinamerika kommen. Dafür sucht Chávez in diesen Tagen auf einer Weltreise, die ihn von Minsk über Moskau und unter anderem Teheran bis hin nach Bamako führt, die nötige internationale Unterstützung.

Die USA favorisieren Guatemala als neuen lateinamerikanischen Vertreter im Weltsicherheitsrat. Das versucht die Bush-Regierung ihren Verbündeten seit Monaten schmackhaft zu machen. Chávez seinerseits peilt die Unterstützung des anderen Lagers an. Seine Reise führt ihn nach Weißrussland und Russland, in den Iran, nach Vietnam, Katar und Mali.

Den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, den Washington als „letzten Diktator von Europa“ bezeichnet, nennt Hugo Chávez einen „Freund“. In Minsk erklärte Chávez am Montag, „wir sollten zusammen eine Kampftruppe gründen“. Der Gast aus Venezuela ist der erste lateinamerikanische Staatschef, der seit der Unabhängigkeit von Weißrussland 1991 Minsk besucht. Chávez blieb einen Tag länger als vorgesehen. Die sieben in Minsk unterzeichneten Abkommen auf den Gebieten Landwirtschaft, Technologie, Energie und Wissenschaft bezeichnete er als „strategische Allianz“. Und lud den international isolierten Lukaschenko nach Caracas ein. In Wolgograd traf Chávez gestern mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammen. Chávez hatte bereits zuvor angekündigt, dass er die militärische Zusammenarbeit mit Russland ausbauen will.

Ein Kaufvertrag über 30 Jagdflugzeuge und 30 Hubschrauber liegt bereits unterschriftsreif vor. Es ist nicht der erste Einkauf militärischen Gerätes in Moskau. Caracas hat bereits zuvor 100.000 Kalaschnikows bestellt. „Zu wenig“, wie es jetzt heißt, weshalb beim Besuch von Chávez auch der Bau zweier Produktionsstätten in Venezuela Thema war. Chávez reiste nach Izhevsk am Ural, wo die weltweit bekannten Gewehre hergestellt werden.

Dass Chávez in Moskau einkauft ist auch Konsequenz des Waffenembargos, das die Bush-Administration im Mai gegen Caracas verhängt hat. Moskau hat damit keine Probleme. „Venezuela steht auf keiner internationalen Embargoliste“, verlautet aus dem Kreml. Kritik aus Washington wies Venezuelas Vizepräsident, José Rangel, gestern zurück: Bush solle sich „um die soziale Ausgrenzung, die Drogenprobleme und die Wirtschaftskrise in seinem Land“ kümmern.

Anfang Juli hat die Arabische Liga die Absicht erklärt, den südamerikanischen Ölstaat Venezuela als beobachtendes Mitglied aufzunehmen. Im September versammeln sich die 22 Mitgliedsländer der Arabischen Liga in Caracas, um über die Aufnahme abzustimmen. Für Chávez war es im Vorfeld dieser Entscheidung wichtig, einen Besuch im Iran abzustatten. Der Iran ist die dritte Station seiner Reise. Angesichts der Auseinandersetzung über das iranische Atomprogramm mit den USA und der Europäischen Union, ist auch Teheran froh über den Gast.

Vor seiner Reise hatte sich Chávez Rückendeckung auf dem eigenen Kontinent geholt. Auf dem Mercosur-Gipfel letzte Woche im argentinischen Córdoba stimmten die fünf Präsidenten der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay der Kandidatur ihres neuen Vollmitglieds Venezuela ausdrücklich zu.

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