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Archiv-Artikel

Unsicher sind am Ende alle

Sind deutsche Soldaten als Teil einer möglichen UN-Friedenstruppe im Nahen Osten denkbar? Die Politiker in Berlin spielen das gedanklich schon einmal durch – aber richtig wohl ist keinem dabei

AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF

Ein Schritt vor, ein Schritt zurück. In der deutschen Debatte über einen möglichen Einsatz der Bundeswehr im Nahen Osten gibt es bisher nur eine Konstante: parteiübergreifende Unsicherheit. Deutsche Soldaten, die an Israels Grenzen patrouillieren könnten – dieses Thema ist den meisten Politikern zu heikel für Festlegungen. Ein eindeutiges Nein ist nur von Oppositionsvertretern zu hören, die Regierungsparteien Union und SPD halten sich überwiegend vorsichtig zurück.

Sollte Deutschland ein militärisches Engagement in einer Friedenstruppe anbieten? „Seriös kann man diese Frage nur beantworten, wenn man weiß, welche Zusammensetzung, welchen Auftrag und welches Mandat diese Truppe haben soll“, sagte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU im Bundestag, Eckart von Klaeden, gestern der taz. Eine deutsche Beteiligung könne man deshalb „zum jetzigen Zeitpunkt weder prinzipiell ausschließen noch auf jeden Fall befürworten“.

Zu dieser Linie scheint inzwischen auch Verteidigungsminister Franz-Josef Jung zurückzukehren, der sich am weitesten vorgewagt hatte. Am Montag hatte der CDU-Politiker noch so geklungen, als wolle er die Bundeswehr bald in Marsch setzen. Wenn Deutschland darum gebeten werde, könne es sich einer „Friedensmission“ nicht verweigern, ließ er wissen. Dieses Angebot ging seiner Chefin, Kanzlerin Angela Merkel, offenbar zu weit. Die Einschränkung folgte noch am selben Abend. Im ZDF betonte Jung mehrfach, die Frage einer deutschen Beteiligung stelle sich im Moment doch gar nicht. Dabei hatte er sie selbst aufgeworfen. Erst einen Vorstoß wagen, um ihn sofort wieder zu relativieren – das Verhalten Jungs lässt sich nur mit dem hohen Druck erklären, unter dem die Koalition agiert. Von allen Seiten wird sie an die Verantwortung erinnert, die Deutschland gegenüber Israel habe. Allerdings werden daraus höchst gegensätzliche Schlussfolgerungen gezogen.

So sagte der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff, wenn eine Überwachung eines Waffenstillstands die Sicherheit Israels verbessern würde, „kann man sich dem gerade aus historischer Verantwortung für Israel nicht entziehen“. Die Grüne Kerstin Müller dagegen befand, für einen Bundeswehreinsatz sei die historische Belastung noch zu groß.

Die Unsicherheit dürfte zunehmen. Der israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, sagte gestern: Ob Israel mit einer deutschen Beteiligung an einer Friedenstruppe einverstanden wäre, sei „eine interessante Frage. Die Deutschen müssen sich damit auseinander setzen.“ Momentan seien zwar andere Aspekte wichtiger. Er wäre zunächst über eine prinzipielle Entscheidung froh, „eine Art Nato-Einheit“ zu bilden. Aber „dann wird man sich hier in Deutschland entscheiden müssen: deutsche Beteiligung ja oder nein“.

Bislang verraten Regierungspolitiker nur indirekt, welche Rolle sie der Bundeswehr gegebenenfalls zudenken. So erinnerte der CDU-Mann von Klaeden gestern an das Interview von Verteidigungsminister Jung im Spiegel. Darin sagte er auf die Frage, ob er die Bundeswehr eher zur Verteidigung Israels, denn als Teil einer neutralen Friedenstruppe losschicken wolle, nicht etwa Nein, sondern nur: „Wir haben eine geschichtliche Verantwortung gegenüber Israel und deshalb stehen wir an der Seite Israels.“