Jugendliche in Polizeigewahrsam : Panik ist vermeidbar
Wo gehobelt wird, fallen Späne, könnte man sagen, nachdem für einen 16-Jährigen ein Zechgelage auf der Wache endete. An die Heizung gefesselt von offenbar mies gelaunten Polizisten, die sich von ihm provozieren ließen. Er hätte sich ja nicht gegen die Zwangsbehandlung wehren müssen.
Kommentar von Eiken Bruhn
Eine solche Haltung verkennt, dass eine Situation, wie Simon L. sie erlebt hat, ausgesprochen Angst auslösend wirken kann. Die Polizisten haben ganz klar die Gewalt über ihn, der besoffene Kopp macht es nicht leichter, die Situation realistisch einzuschätzen. Unabhängig davon, ob ihn ein Beamter als Wischmob missbraucht hat oder ob er „nur“ gefesselt war – die Polizisten hätten ihn beruhigen müssen anstatt nur zu verwahren, bis sie den Erziehungsberechtigten auftreiben. Sollte dies nicht mit einfachen Mitteln gelingen, muss die Polizei die Möglichkeit haben, auch nachts einen Jugendarbeiter anfordern zu können, wie es in Berlin der Fall ist. Denn: Simon L. ist nicht der erste und nicht der letzte Jugendliche, der so betrunken ist, dass Polizisten ihn mitnehmen, um ihn und andere zu schützen. Auch Tim Koehne, der in der Silvesternacht 2000 auf einer Bremer Polizeiwache schwer misshandelt worden war, hatte sein aggressives Verhalten wie Simon L. begründet: „Ich hatte Panik.“