piwik no script img

Archiv-Artikel

Schuldebatte Warme Worte, sonst nichts

Wider besseres Wissen klebt Nordrhein-Westfalens konservative Landesregierung auch Jahre nach Veröffentlichung der Pisa-Studien am dreigliedrigen Schulsystem. Nur die Aufteilung in Gymnasiasten, Real- und Hauptschüler sichere die optimale Förderung aller Kinder, versichern CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers wie seine Parteifreunde, allen voran Schulministerin Barbara Sommer, treuherzig immer wieder. Dabei entscheidet die Auswahl, die Schülerinnen und Schüler bereits im Alter von zehn Jahren trifft, über deren künftigen sozialen Status: Den Gymnasiasten winkt ein akademischer Abschluss, den Hauptschülern droht die Arbeitslosigkeit – sie erhalten oft nicht einmal eine Lehrstelle.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Alles kein Problem des Systems, sondern der Vorgängerregierung, kontern Rüttgers&Co. Die Hauptschule und besonders ihre Schülerinnen und Schüler würden jetzt stärker gefördert, versprechen sie. Und bei spektakulären Anlässen, etwa bei der Diskussion um die Berliner Rütli-Hauptschule, wo das gesamte Kollegium wegen unzumutbarer Bedingungen den Unterricht verweigerte, wird dann rituell auch an das außergewöhnliche Engagement der Lehrerinnen und Lehrer an Nordrhein-Westfalens Hauptschulen erinnert.

Mehr als warme Worte sind das nicht. Auch mehr als ein Jahr nach dem Regierungswechsel werden Hauptschullehrer systematisch benachteiligt, erhalten ein geringeres Gehalt als ihre Kolleginnen und Kollegen an den anderen Schulformen. Auch Beförderungen, wie sie an Gymnasien üblich sind, entfallen: In die Besoldungsgruppe A13 wechseln nur Schulleiter. Motivation sieht anders aus.

Den überproportional aus sozial schwachen Familien stammenden Hauptschülern aber hilft auch eine bessere Besoldung ihrer Lehrer nicht weiter, sondern einzig ein Systemwechsel: Der Hauptschulabschluss ist längst zum Stigma geworden, gegen das nur gemeinsamer Unterricht hilft.